Yvonne Gabriel - " Denkmal"

Mitte der 1970er Jahre stand ein siebenjähriges Mädchen mit seinem Vater vor der Kamera. Gemeinsam interpretierten sie ein schunkeliges, im Prinzip trauriges Stück mit dem Titel "Hey Yvonne (Warum weint die Mammi)". Auch wenn es im Lied ein happy End gab - der Sänger kehrt nach Hause zurück und alle haben sich wieder lieb - hatte sich Gunter Gabriel in Wirklichkeit von seiner Frau Gabi getrennt. Tochter Yvonne wuchs danach mit einem bekannten, umstrittenen und nur sporadisch anwesenden Vater auf.

Singen und Lieder schreiben, das konnte er. Als er 2017 Alter von 75 Jahren an den Folgen eines Treppensturzes starb, hinterließ Gabriel ein marodes Hausboot, fast eine halbe Million Euro Schulden - und die Rechte an 800 Stücken. Yvonne, die in Karlsruhe lebt, Finanzberaterin ist und drei Söhne hat, nahm als einziges von vier Kindern das Erbe an. Eine mutige Entscheidung, doch war sie offenbar die richtige Person dafür.

Das Boot verscherbelte sie für 20.000 Euro an Sänger Olli Schulz und Influencer Fynn Kliemann, die es in mühsamer Arbeit wieder aufpäppelten. Die Arbeiten dokumentierte eine Netflix-Serie, das Boot kann mittlerweile für Events gemietet werden. Schuldnern bot Yvonne Gabriel Gegenstände aus dem Nachlass an, 2022 hat sie ein Buch mit dem bezeichnenden Titel "Mein Vater Gunter: Denkmal für einen Straßenhund" (Rotbuch Verlag) veröffentlicht.

Nach Begleichung der Schulden bleibt ihr die Musik. Sie bestreitet bereits Konzerte mit der Band ihres Vaters und schiebt nun ihr erstes Album nach, das auf unveröffentlichte Demo-Aufnahmen gründet, die sie im Nachlass gefunden hat. Einen eigenen Song steuert sie mit dem Titeltrack auch bei.

Es macht wenig Sinn, einen solchen Akt der Liebe streng kritisch zu bewerten. Nur so viel: Ein "Unforgettable", wie es Natalie Cole mit ihrem verstorbenen Vater Nat King aufnahm, ist "Denkmal" nicht. Die Begleitung schunkelt zwischen Pop und Country vor sich hin, Yvonnes hohe Stimme passt gut zu der ihres brummenden Vaters. Das Album hat sie mit professioneller Hilfe aufgenommen, für die Produktion zeichnen Swen Meyer (Cro, Olli Schulz, Superpunk) sowie Wolfgang Stach (BAP, Sodom) verantwortlich. Die Abmischung ist auf den Punkt.

Ebenso positiv zu vermerken: Allzu schnulzig fällt das Ergebnis nicht aus; "Hey Yvonne (Warum weint die Mammi)" (2023 Remix) haben sich die Verantwortlichen verkniffen. Das Herzstück des Album ist laut Yvonne "Auch Im Bentley Wird geweint". Interessant dabei: Deichkind und Clueso haben nahezu zeitgleich einen Track veröffentlicht, der denselben Namen trägt, aber sonst nichts damit zu tun hat. Eines von Gabriels bekanntesten Stücken, "Komm Unter Meine Decke", ist gleich zweimal vertreten.

Covers gibt es auch: Udo Jürgens' "Merci Chérie" schließt das Album ab, "Ich bin dein Mann" ist die deutsche Version von Leonard Cohens "I'm Your Man". Gabriel hatte die Gabe, das Wesen von Stücken zu erkennen, wie er 2003 mit dem schönen Album "Gabriel singt Cash" bewiesen hat. Und das, obwohl sein Englisch nicht besonders gut war.

Die Deluxe-Edition besteht (laut Amazon) aus "CD Digipak + Buch im Hardcover von Yvonne Gabriel "Mein Vater Gunter, Denkmal an einen Strassenhund" Zertifikat inklusive Hemdfetzen eines Hemdes von Gunter Gabriel, unterschrieben von Yvonne G.". Da schlägt das Fanherz bestimmt höher, allerdings ist der Preis dreimal so hoch wie bei der regulären CD. Ob sich das lohnt? Moment mal ... vielleicht ... hey Boss, ich brauch mehr Geld!