laut.de-Kritik

Pfälzisches Dubstep-Inferno für Delirium-Fetischisten.

Review von

Der letzte Kaiserslauterer, der es zu internationalem Ruhm brachte, hört auf den Namen Hans-Peter Briegel. Mit kräftigen Waden und pudelweichem Haupthaar schaffte es die "Walz aus der Pfalz" bis in die italienische Serie A und krönte seine Defensiv-Laufbahn im Jahr 1985 im Trikot von Hellas Verona mit dem Meistertitel. Nun freut sich Rheinland-Pfalz über einen neuen Export-Wunderknaben. Die Rede ist von Anton Zaslavski, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Zedd.

Ähnlich wie Hans-Peter seinerzeit steht auch Zedd nach getaner Arbeit oftmals schweißgebadet vor den Mikrofonen neugieriger Pressevertreter. Doch weder Blutgrätschen noch wilde Tacklings sind für Zedds allabendliche Schweißausbrüche verantwortlich. Es ist die Musik, die den Busenfreund von Skrillex außer Atem bringt. Musik, die unter dem Banner EDM (Electronic Dance Music) vor allem in den USA für Ausnahmezustände sorgt.

Zedd ist mitverantwortlich für den Hype um sterile Post-Techno-Soundlandschaften jenseits der Vorstellungskraft. Denn der Gute versorgt bereits seit geraumer Zeit extraterrestrische Teenie-Kidnapper wie Justin Bieber oder Lady Gaga mit den angesagten Stroboklängen aus fernen Welten.

Nun ist die Brust breit genug, um aus dem Schatten der erfolgreichen Abnehmer herauszutreten und Eigenes zu präsentieren. Damit das Debütschaffen aber nicht nur in Youtube-Kreisen für Furore sorgt, sondern sich möglichst auch im Radio austobt, klopfte der gebürtige Russe im Vorfeld der "Clarity"-Produktion an die Türen von Matthew Koma, LIZ, Ryan Tedder, Foxes, Ellie Goulding und Bright Lights, um das instrumentale Treiben mit reichlich Mainstream tauglichen Stimmfarben zu garnieren. Doch leider hatten Matthew Koma ("Spectrum"), Ryan Tedder ("Lost At Sea"), Foxes ("Clarity") und Ellie Goulding ("Fall Into The Sky") nur Filler-Melodien parat, die sich nun in einem Strudel aus zappeligen Strobo-Synthies und wummernden Bass-Märschen verlieren.

Auch die verbleibenden vier Alleingänge des Verantwortlichen ("Shave It Up", "Codec", "Stache", "Epos") haben mit allgemeingültigen Airplay-Strukturen in etwa so viel gemeinsam wie Briegels Ballbehandlung mit jener eines Lionel Messi.

Ruckartig und scheinbar wahllos aneinandergereiht deckelt eine Elektrospur die nächste. Es pumpt, es fiept und es knallt. Fast im Sekundentakt wechseln sich hibbelige Dubstep- und sphärische House-Elemente ab. Laut, leise, verzerrt und klar: alles wird in einen großen Topf geworfen. Doch irgendwie wurde das Umrühren vergessen. Und so bleibt nicht viel übrig außer einem undefinierbaren E.M-Eintopf für Delirium-Fetischisten. Guten Appetit.

Trackliste

  1. 1. Hourglass
  2. 2. Shave It Up
  3. 3. Spectrum
  4. 4. Lost At Sea
  5. 5. Clarity
  6. 6. Codec
  7. 7. Stache
  8. 8. Fall Into The Sky
  9. 9. Follow You Down
  10. 10. Epos

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LAUT.DE-PORTRÄT Zedd

Anton Zaslavski ist wahrscheinlich der einzige Kaiserslauterer, der weiß, wie Lady Gagas Atem riecht, welchen Regler Skrillex am liebsten bedient und …

17 Kommentare mit 2 Antworten

  • Vor 12 Jahren

    das kennt man doch: old-school-fans mögen das neue nicht weil kommerziell. fans des neuen finden das alte langweilig so sie es denn überhaupt kennen.
    es sollte aber jeder der über dubstep diskutiert und lästert sich mal die alten dubstep-sachen von skream, benga, burial etc anhören. einfach nur um bescheid zu wissen wie das alles entstanden ist, und wie unterschiedlich "dubstep" klingen kann.

    "abschieben" sollte man aber nix. nicht musik, und schon gar nicht menschen!

    diejenigen die das meinen, sollten froh sein, dass es solche musik gibt, weil sonst würde jeder "seine coole super-hippe musik" hören, und dann wär die auch wieder kacke, weil das eh jeder hört... ;)

  • Vor 12 Jahren

    Hmmm...Wenn Laut.de einen Stern gibt, dann muss es ja wohl ein gutes Pop- Album sein.

  • Vor 10 Jahren

    für die gaga hat er immerhin gereicht, die fällt hier ja zumindest nicht komplett in ungnade. mir gefällt das album sehr gut, macht gute laune.