Porträt

laut.de-Biographie

The Sex Pistols

In den 70ern erschüttert eine Revolte die Musikszene, wie es sie davor noch nicht gegeben hat - die Sex Pistols treten auf den Plan. Vier britische Bengel schicken sich an, dem gesamten Establishment den blanken Hintern zu zeigen. Was damals mit dem Slogan "No Future" beginnt, findet in den nachfolgenden Generationen immer mehr Erben. Punk will never die. Bands wie The Offspring oder auch Blink 182 würde es ohne die Pistols sicher nicht geben.

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Die Gruppe geht aber gar nicht aus den beiden Oberbengeln Sid Vicious und Johnny Rotten hervor, vielmehr liegen die Wurzeln bei Steve Jones (Gitarre) und Paul Cook (Drums). Jones hängt die meiste Zeit im Modeladen "Sex" von Malcolm McLaren und seiner Freundin Vivienne Westwood in der King's Road in London herum. McLaren, der 1975 bereits die New York Dolls managte, wird später der weitaus erfolgreichere Manager der Pistols und sorgt sich darum, einen Sänger für die Band zu suchen.

Fündig wird er bei einem Knilch namens John Lydon. Den Namen "Rotten" nimmt er deshalb an, weil Jones fortwährend Bemerkungen über den Zustand der Zähne von Lydon macht. Die Band komplettiert Glen Matlock am Bass. Der Name Sex Pistols ist auch McLarens Idee, der den Namen von einem T-Shirt abschaut, das er verkauft hat. Zu Beginn spielen die Dilettanten an den Instrumenten 60er Jahre-Coverversionen, bevor sie beginnen, eigene Songs zu schreiben.

Am 8. Oktober 1976 unterschreiben die Pistols ihren ersten Plattenvertrag. Die EMI nimmt die Vier unter ihre Fittiche. Kurz danach nehmen sie ihre erste Single "Anarchy In The UK" auf. Eine Nummer, die wohl den Klassiker des Punk darstellt. Am ersten Dezember 1976 lernt Großbritannien die Band zum ersten Mal richtig kennen. In einem Live-Interview will der Fernsehmoderator Bill Grundy die Band provozieren.

Steve Jones lässt sich diese Chance nicht entgehen und feuert eine Schimpfkanonade auf die Zuschauer ab, wie sie das Vereinigte Königreich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlebt hat. Heutige Nachahmer setzen derartige PR-Gags gezielt ein, um die Verkaufszahlen in die Höhe zu treiben (vgl. Marilyn Manson).

Der Effekt blieb auch damals nicht aus. Jeder, der noch nichts von den Rüpeln gehört hatte, wusste nun Bescheid. Leider findet die EMI das ganze nicht so lustig und wirft die Band kurzerhand wieder aus dem Vertrag. A&M schnappen sich die Pistols, feuern sie aber ebenfalls, nachdem McLaren ausplaudert, was sie doch für einen Haufen Geld bekommen hätten. McLaren macht aus der Not eine Tugend und beschließt, in einer Art Guerilla-Taktik die großen Plattenfirmen um möglichst viel Geld zu erleichtern, um dann schnell wieder vom Vertrag zurückzutreten.

Die Plattenfirma Virgin von McLarens Intimfeind Richard Branson erhält nun den Zuschlag und veröffentlicht auch prompt die zweite Single "God Save The Queen", die nicht unbedingt als Ehrerbietung an das britische Staatsoberhaupt anzusehen ist. Mittlerweile ist Glen Matlock im Februar '77 aus der Band ausgestiegen, für ihn übernimmt der Nichtmusiker John Simon Ritchie, besser bekannt als Sid Vicious. Das Debütalbum "Never Mind The Bollocks" wandert im Oktober sehr zum Ärgernis aller Konservativen trotz des Boykotts vieler Plattenläden an die Spitze der Charts.

Die Pistols starten eine geheime Tour, um den mittlerweile reihenweise ausgesprochenen Auftrittsverboten aus dem Weg zu gehen. Vielerorts trauen sich die Veranstalter nicht mehr, die Pistols zu buchen. So reisen sie unter Pseudonymen wie S.P.O.T.S. (Sex Pistols On Tour Secretly). Von größerer Bedeutung sind in der frühen Bandgeschichte zwei Konzerte der Band in der Lesser Free Trade Hall in Manchester im Sommer '76. Sie fördern den Punkboom im Norden Englands, organisiert wurden sie von Pete Shelley und Howard Devoto von den Buzzcocks.

Im Januar 1978 versuchen sie, Amerika im Sturm zu nehmen. Leider erweist sich die Routenplanung durch den tiefen Süden als ungünstig gewählt. Mittlerweile fällt die Band auseinander. Nach acht Shows wirft Johnny Rotten die Brocken hin und verlässt die Band. Er nimmt darauf hin seinen bürgerlichen Namen wieder an und gründet nach einem Jamaica-Aufenthalt seine eigene Band PIL (Public Image Limited). Er hat Reggae und Dub für sich entdeckt und schart als Mitstreiter John Wardle aka Jah Wobble am Bass und den Gitarristen und das ehemalige Clash-Mitglied Keith Levene um sich. PIL veröffentlicht zwischen 1978 bis 1992 acht mehr oder weniger experimentelle Alben.

Sid Vicious erliegt derweil seiner Heroinsucht. Im November 1977 hatte er die amerikanische Szenegängerin Nancy Spungen kennen gelernt. Es gilt als historisch gesichert, dass sie ihn zum Heroin gebracht hat. Die Droge war in der New Yorker Szene, zum Beispiel auch bei den New York Dolls wesentlich früher beliebt geworden als in der Londoner Punkszene, die sich eher auf Speedkonsum verlegte. Nach der Auflösung der Pistols gehen die beiden nach New York und versinken dort völlig im Drogensumpf. Vicious überlebt eine Überdosis nur mit viel Glück.

Sex Pistols - Never Mind The Bollocks
Sex Pistols Never Mind The Bollocks
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Wenige Wochen später folgt die unvermeidliche Katastrophe: Am Morgen des 12. Oktober 1978 findet man die tote Nancy Spungen in einem Zimmer des Chelsea Hotels in Manhattan. Sie wurde erstochen, neben ihr und Sid Vicious waren in der Tatnacht mehrere Dealer im Zimmer gewesen. Es wird nie genau geklärt werden, ob es Vicious war, der Spungen tötete, und ob er es im Rausch tat oder sie Opfer eines unerfüllten Selbstmordpaktes wurde.

Im November wird Vicious verhaftet und des Mordes an Nancy Spungen angeklagt. Während der Zeit, in der er unter Anklage steht, durchlebt er einen Entzug und ist quasi clean, als am 02. Februar 1979 eine Party zu seinen Ehren steigt. In dieser Nacht stirbt er an einer Überdosis Heroin im Alter von 21 Jahren.

Malcolm McLaren, der 1977 schon einmal versucht hatte, mit Russ Meyer einen Film namens "Who Killed Bambi?" über die Sex Pistols zu drehen, unternimmt 1978 zusammen mit Regisseur Julien Temple einen zweiten Versuch. Es entsteht "The Great Rock'n'Roll Swindle", eine fiktionale Nacherzählung der Bandgeschichte. Später managt er Adam Ant und seine eigene Neukreation Bow Wow Wow.

Der Trumpf in seiner Hand: Die Rechte am Namen Sex Pistols. Die erhalten die Bandmitglieder erst 1986 gerichtlich von ihm zurück. Cook und Jones machen in den Achtziger Jahren in verschiedenen Formationen Musik, unter anderem mit den Professionals oder den Rich Kids.

1996 geben die Sex Pistols mit ihrem ursprünglichen Bassisten Glen Matlock eine kleine Reunion-Tour, die aus künstlerischer Sicht sicherlich sehr fragwürdig ist. Aber dem Reiz, einen ganzen Sack voll Kohle einstecken zu können, können auch die nicht widerstehen die knapp 20 Jahre zuvor "Anarchy In The UK" ausriefen. Und so gibt es einige Konzerte, die so "gut" sind, dass die Bierflaschen und Tomaten nur so fliegen. Im Jahr 2000 stellt die Band dann mit dem Film "The Filth And The Fury" die eigene Geschichte dann noch mal aus eigener Sicht dar - wiederum mit Julien Temple als Regisseur.

Zum 50. Thronjubiläum der Queen müssen sie sich natürlich auch wieder melden: Es erscheint eine Neuauflage der 25 Jahre zuvor veröffentlichten Skandalsingle "God Save The Queen". Sie landet wieder in den Top 10 der UK-Charts. Zu diesem Anlass bringt man auch gleich das Album "Jubilee" und eine 3-Box-Set raus, die mit vielen Schmankerln, unter anderem vorher noch nie gesehenen Pistol-Fotos aufwartet.

2003 lassen die Oldies wieder von sich hören: im August und September wolle man durch die Vereinigten Staaten touren, gibt Sänger Johnny Rotten bekannt. Außerdem plant die Band im 2004 eine Show im vom Krieg gezeichneten Bagdad. Wie Rotten weiter erklärt, solle der Auftritt den Irakern Demokratie "in ihrem vollen Extrem" aufzeigen und ihnen verdeutlichen, dass sie auch über eine "Kehrseite" verfüge. Seine Band könne diese Probleme immerhin hinaus brüllen, so Rotten. Auch in den nächsten Jahren touren die Vier immer wieder einmal.

2006 sollen die Sex Pistols - nicht unverdient - in die Rock And Roll Hall Of Fame aufgenommen werden. Die Band scheißt jedoch auf die ihrer Meinung nach zweifelhaften Ehren. Mit Rechtschreibfehlern garniert tun sie dies auf ihrer Homepage kund: Neben den Sex Pistols sähe der Rock and Roll samt dieser beknackten Hall of Fame eben nur aus wie ein Piss-Fleck. "Wir kommen nicht, wir sind nicht deren Affen", bellen sie. Wen die Pistols damit ansprechen? Die Vertreter der Musikindustrie, für die sie noch nie ein gutes Wort übrig hatten. Man erinnere sich nur an den netten Song für ihre Plattenfirma: "I can't stand those useless fools: EMI!".

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The Sex Pistols - Jubilee: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 5 Punkte

2002 Jubilee

Kritik von Vicky Butscher

Anti, anti, anti, aber eingängig wie Sau. (0 Kommentare)

Surftipps

  • Sex Pistols

    Offizielle Seite. Mit "Today In Pistols History".

    http://www.sexpistolsofficial.com/
  • Sex Pistols

    Die angeblich erste Pistols-Seite (since 1998). So sieht sie auch aus. Aber schön aktuell.

    http://www.sex-pistols.net/
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