2raumwohnung - " 20 Jahre 2raumwohnung"

Zwanzig Jahre ist es nun her, dass 2raumwohnung "Kommt Zusammen" veröffentlicht haben. Seitdem befand sich das Duo aus Inga Humpe und Tommi Eckhart regelmäßig mit verschiedenen Singles am Rand der kulturellen Wahrnehmung. Anlässlich des Jubiläums veröffentlichen sie nun ein Best-Of-Album, das einen ganzheitlichen Blick auf diese Vorreiter der neuen Leichtigkeit ermöglicht.

Es stellt sich heraus: Dafür, dass auf dem Papier sehr viel an der Band ziemlich interessant erscheint, von ihrer Ost-West-Dynamik, ihrer Verwurzelung in der NDW und dem Techno oder ihrer Pionier-Rolle im deutschen Elektropop, gerät die Platte abseits der großen Hits nicht besonders interessant.

Es ist eben alles sehr laid-back, sehr plätschernd. Für eine Gruppe, die immer wieder den Beat besingt, schrammen die Drums und Bässe auf "20 Jahre 2raumwohnung" teilweise nur sehr knapp an der Nonexistenz vorbei. Darin mag der Charme liegen, das Fundament für die sommerliche Sanftheit, die ihren Sound überhaupt erst cool macht, aber auf die Länge der Spielzeit wünscht man sich schnell etwas mehr Leben.

Die großen, schmissigen Singles wie "Ich & Elaine", "36Grad" oder "Wir trafen Uns In Einem Garten" nehmen immerhin die essenziellen Stärken ihrer Einflüsse auf. Inga Humpe singt mit der unterkühlten Gelassenheit und dem absurden Einschlag mancher NDW-Größen, die Produktion, so minimal sie auch ist, funktioniert in ihrer Immersion hypnotisch und treibend.

Das erklärt, warum immer wieder Hits der Band auf dem kulturellen Radar der Republik auftauchen. Wer aber die mehr als 70 Minuten Spielzeit dieses Projekts voll auskosten will, braucht wohl ein bisschen mehr Durchhaltevermögen und eiserne Euphorie für leichtverdaulichen deutschen Electro-Sound.

Es ist eine coole Idee, ein paar Songs noch einmal neu abzumischen und auch ein paar Remixes einzuflechten. Besonders der Chiptune-Synthesizer gibt ihrer 2017-Single "Ich Bin Die Bass Drum" einiges an Charakter und Leben, das dem Original fehlte und sorgt in der ersten Hälfte für ein wenig mehr Puls. Wobei man ehrlich eingestehen muss, dass Paul Kalkbrenner "Wir Werden Sehen" mit seinem Weißbrot-Minimal nur noch mehr zur Schlaftablette eingeschnarcht hat.

Die zweite Hälfte gerät endgültig unspannend. Der Biss und der Witz von Humpe kommen in den Phrasen-verseuchten Liebesliedern kaum bis gar nicht mehr zur Geltung. Stattdessen klingt ihr Schwadronieren vom "Abenteuer Leben" eher wie eine Facebook-Mom, die Minion-Memes auf Facebook teilt.

Je mehr man sich von den bewährten funktionierenden Songs abwendet, desto weniger scheinen Zweiraumwohnung interessiert daran, ihre theoretisch interessanten Konzepte aufzubereiten. Die Beats wirken zunehmend blutleer, die Texte entbehren immer weiter ihres Charakters. Man bekommt fast das Gefühl, dass die Band sich in den Tiefen ihres Katalogs immer mehr dem durchschnittlichen Deutschpop annähert.

Sollte die Platte dazu einladen wollen, sich nach den zwanzig Jahren genauer mit dem Phänomen 2raumwohnung auseinanderzusetzen, scheitert sie. Auf den 70 Minuten Höhen und Tiefen zeigt sich vor allem ein gehöriger Klassenunterschied zwischen ihren Hits und ihren B-Seiten. Nummern wie "36 Grad" oder "Ich Und Elaine" werden auch in Jahrzehnten noch auf jeder Party funktionieren. Tiefflieger wie "Spiel Mit" oder "Somebody Lonely And Me (Nacht)" werden eher der Vergessenheit anheim fallen. So sympathisch die Band auch wirken mag: Mit der Verschüttung dieser anderen Songs ginge der Kultur nicht besonders viel verloren.