laut.de-Kritik
Herzschmerz und Selbstmitleid, verpackt in 80er Jahre Pop.
Review von Emilia GöttlichAuf der Suche nach einem neuem Sound lassen 5 Seconds Of Summer den rotzigeren Pop-Punk ihrer Teenager-Jahre hinter sich und orientiert sich voll in Richtung Pop. Als Ergebnis sind auf ihrem neuen Album "Youngblood" mehr Synthies zu hören. Vor allem aber ziemlich austauschbare 80er Jahre Pop-Hits ohne Charakter oder Alleinstellungsmerkmal.
"Better Man" ist so ein Song. Leadsänger Luke Hemmings singt zunächst nur über eine poppige, sich ständig wiederholenden Gitarrenmelodie. Ein leichter Nachhall und hintergründige Synths stiften den Elektro-Charakter. Schnelle Claps bauen den Sound im Pre-Chorus weiter auf, und dann wird auch schnell in die gemeinsam gesungene Hook übergeleitet. Die Melodie bleibt immer die gleiche. Ein Schema, das sich durch viele Tracks auf der Platte zieht.
Überhaupt sind fast alle Songs sehr Hook-orientiert geschrieben und leben von Wiederholung. Der Refrain wird in den eher kurzen Stücken möglichst oft gesungen, und auch der Titel des Tracks kommt fast immer darin vor.
In "Why Won't You Love Me" z.B. singen die Jungs den Titel immer und immer wieder in einem jammernden Tonfall. Ihre Stimmen sind dabei vom Computer hochgepitcht und hören sich kein Stück mehr menschlich an. Nach dem Tropical-House Einstieg beklagen Hemmings, Hood und Clifford zu E-Gitarren eine unerwiderte Liebe. Dem mit Autotune perfektionierten Gesang fehlt es aber an Charakter und Gefühl, so dass es einem schwer fällt, mit den Leidenden zu sympathisieren.
Wiedererkennungswert sucht man bei den Stimmen vergebens. Schade, denn vom Sound her heben sich die Songs auch nicht stark von einer Ed Sheeran-, oder Shawn Mendes-Nummer ab. Dass die Lieder an so viele Chart-Hits erinnern, ist kein Wunder. Schließlich haben die vier Australier bei "Youngblood" erstmals mit Produzenten und Songwritern zusammengearbeitet, die auch One Direction, Pink, Maroon 5 und Charlie Puth zu ihren Kunden zählen.
"Ghost Of You" ist eine herzlich unoriginelle Pop-Ballade, wie sie schon seit Jahren im Radio rauf und runter läuft. Neben Klaviergeklimper sorgen im Chorus Schlagzeug, Streicher und Hintergrundgesänge für Dramatik. Dass die Melodien ins Ohr gehen und man den Refrain bei den meisten Liedern sehr schnell mitsingen kann, ist nicht abzustreiten. Ein Gespür für massentaugliche Hooks hat die Boyband ja, oder zumindest ein gutes Songwriter-Team. Die erste Single "Want You Back" ist beispielsweise wirklich catchy und punktet mit schnellem Rhythmus und einer eingängigen Synthie-Melodie.
Daher wundert es wenig, dass das Album auf Platz eins in die Billboard-200-Charts eingestiegen ist. Aber revolutionär oder neu ist die 5SOS-Musik eben nicht. Am besten gefallen noch die Songs, die sich soundtechnisch deutlich an die 80er anlehnen. Auf "Talk Fast" hört man in den Synths und dem harten Beat schon starke Anklänge an New Wave durch. Und auch in den Schlagzeugpart des rockigeren Tracks "More" haben sich die 80er eingeschlichen. Interesse an dieser Pop-Richtung scheint da zu sein, vielleicht lässt sich das ja in Zukunft für die Jungs von 5SOS noch ausbauen.
Woran sie dann auch noch feilen könnten, sind ihre Lyrics. Die drehen sich nämlich eigentlich immer um die selben Themen: Boy-meets-Girl, Herzschmerz und Selbstmitleid. Einfallslos ist auch die Umsetzung dieser Themen im Text. Da wird schon mal in Ermangelung eines Reims einfach zweimal dasselbe Wort getextet.
"Is it bad that I'm hoping that you're broken?/ Is it bad that I'm wishing you're still broken?" singt Calum Hood auf "Moving Along" und man möchte ihm gerne mit Ja! antworten. Es folgt gleich noch so ein schöner Nicht-Reim: "Is it weird that I'm drunk and on my sofa?/ Is it weird that I'm naked on my sofa?" Andere Lyrics, die die vier auf der Platte mehrfach zum Besten geben, gehen nach dem Motto "Ohne dich kann ich nicht leben", "Du liebst mich nicht mehr" und "Ich wünschte, ich hätte dich nie kennengelernt". Klingt, als wäre jedem der Bandmitglieder frisch das Herz gebrochen worden. Lyrisch hätten sie das trotzdem etwas galanter verpacken können.
Wer auf den Sound der aktuellen Pop-Charts steht und genau davon mehr möchte, dem wird "Youngblood" wegen seiner Mitsing-Refrains wahrscheinlich gefallen. In dem Fall achtet man aber am Besten nicht so genau auf die Lyrics.
1 Kommentar
War bisher begeistert vom Album, weil sie auch eine Zeit lang meine Lieblingsband war, aber jetzt muss ich leider sagen, dass mir ihre Musik nicht mehr zusagt. Die ersten 2 Alben fand ich toll, aber das Album...
Why won't you love me ist echt einfach nur grauenvoll.
Lie to me, was ja ach so gehypet wird, ist auch nicht gerade das gelbe vom Ei.
Es wurde ja auch gesagt, dass Michael und Ash mehr Solos haben, aber Michael hatte wohl keine Lust mehr. Auf SGFG allein hatte er schon mehr Solos. Und sonst hört man nur Luke, Luke, Luke.
Kommt mir allgemein so vor, als wird Michael der nächste Zayn. Der hatte garantiert keinen Bock mehr auf größtenteils Pop und nur Liebeskummer...