laut.de-Kritik

Das ist er, dieser ominöse Swag.

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Wir schreiben das Jahr 1993: Der neu gewählte US-Präsident Bill Clinton tritt sein Amt an, die Europäische Union wird Realität und der SV Werder Bremen deutscher Meister. Auch im Rap geben sich historische Momente das Mic in die Hand: Während der Wu-Tang Clan mit "Enter The Wu-Tang (36 Chambers)" staubtrockenen New Yorker-Sound quasi im Alleingang salonfähig macht, erschaffen 8Ball & MJG mit "Comin' Out Hard" den Gegenentwurf zum düster-ernsten Ostküsten-Style jener Tage.

Zwar dreht sich auch hier inhaltlich alles um das Leben auf der Straße und den täglichen Hustle, doch die Verpackung ist bunt und glänzt wie Candy Paint-Lack auf einem brandneuen Cadillac DeVille. Das Hip Hop-Duo aus Memphis mixt G-Funk, Soul und Hardcore Rap zu einem dickflüssigen Sirup. Der daraus resultierende Sound prägt den Dirty South im Besonderen sowie Rap im Allgemeinen bis heute.

Ihr gesamtes Debüt-Album klingt so kohärent und in sich geschlossen, da Premro Smith und Marlon Jermaine Goodwin ihren Erstling komplett selbst produzieren. Zudem bilden die beiden auch auf den Beats ein optimales Paar, den guten, alten, geteilten Tagen auf der Ridgeway Sekundarschule sei Dank.

"9 Little Millimeta Boys" gibt zu Beginn direkt die Marschroute vor: Mit diesen Jungs ist nicht gut Kirschen essen. Wer auf dem Westcoast-angehauchten Pre-Drill-Beat nicht zum Takt wippt, kassiert garantiert einen Kopfschuss.

Zurecht: Die aufgelegte Coolness in Perfektion schlägt jede pedantische Silbenzählerei. Das ist er, dieser ominöse Swag, der im Land der Schlagerkartoffeln und Retorten-Zuhälter wahrscheinlich nie existiert hat und wohl niemals existieren wird.

"Pimps" könnte man ohne Probleme in eine Liste der zehn besten Rap-Songs aller Zeiten stecken: Das "T.K.O."-Sample von Womack & Womack fügt sich perfekt in den souligen Laid-Back Beat ein, und 8Ball und MJG bringen aller Welt die Bedeutung der Vokabel "Pimpin'" näher. Hier wird nicht rezitiert, hier wird Geschichte geschrieben. Iceberg Slim lässt grüßen.

Richtig düster wird es auf "Nigga's Like Us". Runtergepitchte Vocals treffen auf einen knarzig rollenden Soundteppich, während die Rapper mit Drohgebärden nur so um sich schmeißen. Künstler wie A$AP Ferg aus Harlem werden Jahre später genau diesen Bluprint-Sound aufgreifen und perfektionieren.

Bis heute verneigt sich die Rap-Welt vor diesem Southern Rap-Klassiker, der sich mühelos neben "Southernplayalisticadillacmuzik" von Outkast und "The Diary" von Scarface einreiht. Der Geist aus Memphis erscheint aktueller denn je. Frei nach dem Motto: "See pimpin' ain't dead yet, see pimpin' can pay the rent."

In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. 9 Little Millimeta Boys
  3. 3. The First Episode
  4. 4. Armed Robbery
  5. 5. Pimps
  6. 6. Comin' Out Hard
  7. 7. Mr. Big
  8. 8. Nigga's Like Us
  9. 9. Pimps In The House

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