laut.de-Kritik
Dieser Mann groovt sich noch um den Verstand.
Review von Daniel StraubLange Zeit war der Acid Paule ein musikalischer Geheimtipp aus Oberbayern. Von dort aus verbreitete sich sein Ruf zunächst ins nahegelege München, wo man im Optimal Plattenladen seine Bootlegs von Johnny Cash und AC/DC handelte.
Es sah auch ganz so aus, als sollte es das gewesen sein mit der Bekanntheit des Acid Pauli. Unversehens kehrte er dann seiner bayerischen Heimat den Rücken, zog nach Berlin und spielte bald schon regelmäßig in der Bar 25. Und nun setzt er mit "Get Lost V" sogar zum ganz großen Sprung an.
Denn die aus zwei CDs bestehende Compilation erscheint bei Crosstown Rebels, dem Label des umtriebigen und exzellent vernetzten Damian Lazarus. Seit 2006 veröffentlicht er in unregelmäßigen Abständen seine "Get Lost"-Compilations, für die er sich entweder selbst an den Mixer stellt oder aber Freunde wie Matthew Styles, Dinky oder Jamie Jones engagiert. Mit Martin Gretschmann alias Acid Pauli fällt nun erstmals einem Kontinentaleuropäer, der bislang allerhöchstens Insidern in Großbritannien ein Begriff sein dürfte, die Ehre zu eine "Get Lost"-Compilation einzuspielen.
Das Engagement von Acid Pauli für sein Label ist lediglich eine weitere Stufe auf der Leiter des Ansehens, die Lazarus seine neueste musikalische Leidenschaft hinausgeleitet. Erst kürzlich soll Martin Gretschmann anlässlich des 40. Geburtstages von Damian Lazarus das Flugzeug in Richtung London bestiegen haben, um dort ein All-Night-Set zum Besten zu geben.
Als Grundgerüst für die beiden Sets kann Martin Gretschmann auf reichlich selbst produziertes Material zurückgreifen. Da sind zum einen seine Bandreleases unter dem Projektnamen Console, zum anderen seine Veröffentlichungen als Acid Pauli, sowie die weniger bekannten Hörspiel- und Soundtrack-Releases an der Seite von Andreas Ammer. Ergänzt mit Acid Pauli-Remixen, die sich ebenfalls auf "Get Lost V" zu hören sind, ist somit schon einmal sichergestellt, dass die Doppel-CD auch den charakteristischen Acid Pauli-Groove hat.
Um seine eigenen Tracks herum versammelt Martin Gretschmann eine gute Auswahl an Acts, die allesamt dem elektronischen Unterground zuzurechnen sind. Nicht die Big Player des Business, dafür aber Produzenten, die teilweise seit Jahren für herausragende Qualität und gepflegtes Understatement stehen, wie zum Beispiel der Berliner Bar 25 und Kater Holzig-Resident Dirty Doering, die französischen Senkrechtstarter von dop, Hamburgs Groove-Maschine Stimming und Monkey Maffia alias Sören Bodner, auch bekannt als die eine Hälfte der Wighnomy Brothers.
Fast ganz am Ende packt Gretschmann noch einen eigenen Remix des Bruce Springsteen-Stücks "I'm On Fire" drauf. Selbiges Stück, das auch Johnny Cash vor Jahren gecovert und für die Ewigkeit veredelt hat.
Alles zusammen genommen, macht "Get Lost V" zu einer ungemein stimmungsvollen und feinen Sache, die mit den bedingungslos den Dancefloor rockenden Sets der frühen Acid Pauli-Jahre nur noch wenig gemeinsam hat. Tanzen kann man zu "Get Lost V" aber trotzdem prima.
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