laut.de-Kritik
Heiße Discotunes mit schlüpfrigen Vocaleinlagen.
Review von Daniel StraubWie flüssiger Sauerstoff gehen ihre elektroiden Tunes nicht immer runter. In punkto Erfrischung können der Berliner Jammin' Unit aka Cem Oral und sein Kölner Partner Ingmar Koch aka Dr. Walker jedoch seit Jahren voll punkten. Kaum ein Release, das dem anderen gleicht, verlässt das Hause Air Liquide. Da macht auch das aktuelle Album "Let Your Ears Be The Receiver" keine Ausnahme, dessen Beats den Dancefloor wieder zum Hauptbezugspunkt erklären und allen Freunden sofatauglicher Elektronik eine Absage erteilen.
Mit an Bord genommen haben Air Liquide für "Let Your Ears Be The Receiver" auch wieder Jammin' Units Bruder Khan, der jüngst seinen Wohnsitz vom Hudson River zurück an die Spree verlegt hat und die ersten beiden Tracks des Albums mit seinen schrägen Vocals würzt. Aus dem Big Apple hat er scheinbar eine neu erwachte Vorliebe für Disco mitgebracht, wie die dick aufgetragenen Streicher des Openers "So Much Love" schnell klar machen. Lipps Inc. schielen hier mit ihrem Klassiker "Funky Town" mehr als einmal um die Ecke.
Die housige Direktheit von "So Much Love" wird jedoch schon mit "Turkish Delight" wieder zurecht gerückt. Sanfte Vocodervocals durchziehen den chillig dahin gleitenden Song, der auf "Let Your Ears Be The Receiver" eine Ausnahme bildet, wie "I Do My Best" mit seiner ungewohnt heftigen Sequenzerline schnell zeigt. Derartig kompromisslose Danceflooraction hatte man lange nicht gehört von Air Liquide, vielleicht mit ein Grund, warum man hier eher an Frank Müller aka Beroshima als Urheber denkt. Einzig die typisch schlüpfrigen Vocals weisen "I Do My Best" als astreine Air Liquide Produktion aus.
Mit dem reduziert groovenden Track "Go Deh Yaka", einem Remake des 83er Dubstücks von Monyaka, zeigen Air Liquide, dass sie, wenn es sein muss, immer noch die Meister minimalistischer Elektronik sind. Die heutige Kölner Szene ohne die Releases von Air Liquide zu denken ist schlicht nicht möglich. Ganz am Ende von "Let Your Ear Be The Receiver" gibt die eine Hälfte der Technoanarchisten Ilsa Gold ein Gastspiel als Remixer.
Christopher Just macht die erste Singleauskopplung "So Much Love" im Vergleich zum Original unten herum knackiger und straighter, während der Aufbau seine Verspieltheit bewahrt. Auf der 12" überarbeitet mit Tiefschwarz eines der derzeit gefragtesten Produzententeams den Track noch mal. In den folgenden Monaten treten Air Liquide im Rahmen ihrer "Let Your Ears Be The Receiver"-Tour den Beweis an, dass ihre aktuellen Tracks auch in den Clubs funktionieren.
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