laut.de-Kritik
Mehrstimmige Melodien fließen und die Bassdrum macht 'wumm'.
Review von Klaus HardtDie Schweden stellen mal wieder ihr gutes Gespür für den Massengeschmack unter Beweis. "Crying At The Discoteque" befindet sich seit Wochen in den Charts, jetzt wird das Debutalbum von Alcazar nachgeschoben. Die schwedischen Popbands profitieren anscheinend immer noch von dem Erbe, das ABBA hinterlassen hat. Das hat vor allem gute Arrangements mit mehrstimmigem Gesang zur Folge. Das wird vermutlich ausreichen um die Leute in der Disco zum Schreien zu bringen. Womit das Ziel erreicht ist.
Gleich das erste Stück entspricht den Wünschen des Publikums. Eine eingängige Melodie, zwar schon tausend Mal gehört, aber zum Mitsingen geeignet. Der tiefe Klaviersound haut zwischendurch schön rein und die Drum-Maschine macht 'wumm'! Die tanzende Menge wird ganz der Meinung von Alcazar sein: "Don't Leave Me Alone". Sollte es trotz der allgemein guten Stimmung zu Streitigkeiten kommen, kann Mann oder Frau der großen Liebe hinterher rufen: "Baby Come Back". Der oder die Angesprochene sollte aber besser nicht zu genau zuhören, sonst offenbart sich das flache Niveau der englischen Schwedenreime.
Doch vielleicht ist an diesem Abend der eigene Narzissmus wichtiger. Man fühlt sich wie John Travolta in seinen schlanken Zeiten und denkt "Stars Come Out At Night". Die butterweiche Melodie mit immer noch gleichem Rhythmus unterlegt wird einem am Körper herunterfließen. Zwischendurch hält dann doch einmal der Beat an und der gefühlsbetonte Sprechgesang lässt einem die Gänsehaut über den Rücken laufen.
Um etwas Mallorca-Latin-Feeling in herbstlichen mitteleuropäischen Disco-Nächten zu erzeugen, sollte der DJ aber auf "Ritmo Del Amor" verzichten, der die Klischees der Tanzgemeinde zu stark bedient. Genauso hoffnungslos scheint der Versuch, mit der Coverversion des 80er-Hits "Don't You Want Me" die noch unterkühlt am Rand der Tanzfläche stehenden Elektro-Schnösel aufzutauen. Denn poppige Sounds nehmen und die Bassdrum alle Viertel durchspielen lassen, ist einfach zu flach. Vielleicht kann ja der Coversong "Seasons In The Sun" wenigstens Mami und Papi nebenan in der Tanzbar zum Foxtrott animieren.
In der schicken Chill-Out-Lounge am frühen Morgen hat man irgendwann die Eingebung, die Probleme des Lebens seien immer noch da. Egal, einfach mit dem "Blues In G-Minor" auf dem Sofa räkeln und dann nach Hause ins Bett.
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