laut.de-Kritik

Ein durch und durch weiblicher Blick auf das Thema Sex.

Review von

Es ist bemerkenswert: Während Rap seit Jahren in nahezu jeder Gazette und im Hirn eines manchen Feuilletonisten im Schwerverdacht steht, die Jugend zu verrohen, zu Gang Bang-Parties anzustacheln und zu Gewaltakten zu verführen, geistert Amanda Blank seit Wochen nicht nur durch einschlägige Fachblätter, sondern auch durch ernstzunehmende Wochenzeitungen.

Von "intelligenter Unterhaltung" ist die Rede, wenn Frauen wie sie den Spieß umdrehen, sich aus der Devotion, die der mit Gangsta-Rap gleichgesetzte Hip Hop ihr vermeintlich aufbürdet, erheben und ihrerseits den Mann zum sexuellen Spielgefährten degradieren. Solcher Eigensinn firmiert dann nicht unter dem Label "Sexismus", sondern unter dem Prädikat "Feminismus". Allerdings nur, wenn der Output stimmt - ein zu großer Spiegel und zu viel Freizügigkeit und Anstößigkeit wie bei Lady Bitch Ray geht dann doch zu weit.

Die Frage, ob diese vermeintliche Provokation aus einem weiblichen Mund nicht ebenso billig ist, wie aus einem männlichen, bleibt dabei auf der Strecke. Amanda Blank jedenfalls schert sich einen feuchten Kerricht um solche Überlegungen. Sie gibt sich mal verführerisch, mal schüchtern, mal fordernd, kehrt die verschiedensten Facetten ihrer Weiblichkeit nach außen. Und überzeugt mit Flow, raffinierten Reimstrukturen und punktgenauem Gesang.

Sie ist die dominante Powerfrau in "Might Like You Better" ("Im not waiting on Ya don't take to long / don't waste my time just take me home / I got something for you believe its sweet / Lets go I moan like a cat in heat") und die verführerische Lolita im von Prince geschriebenen "Make-Up" ("If I wear a dress / He will never call / So I'll wear much less / I guess I'll wear my camisole").

Sie gibt die Gangsterbraut im mit dem Ladegeräusch einer Pistole hinterlegten "Something Bigger, Something Better" und lässt Spank Rock in "Gimme What You Got" Snaresalven auf den Hörer abfeuern. "A Love Song" wiederum interpoliert LL Cool Js Klassikerschnulze "I Need Love" und verbindet sie mit Santigolds "I'm A Lady". Eine ungeheure Vielseitigkeit für ein gerade mal schlappe 30 Minuten langes Album.

Ihre Produzenten Diplo und Switch stehen dem angesprochenen Facettenreichtum in keinster Weise nach. Es ist nicht das Indie-Rap-Album geworden, das sich nach den Features mit M.I.A. und Spank Rock angedeutet hatte. Strange, knarzende Synthies wechseln sich ab mit poppigen 80er Sounds, harte Rapstücke mit Dancefloorhymnen. Irgendwo zwischen Baile Funk, Wave, Hip Hop, Pop, Dance und Elektro pendeln die Beats, die die allgegenwärtigen Bastler der Newcomerin auf den Leib schneiderten.

Dass bei einem Album mit dem euphemistischen Titel "I Love You", das sich auch noch über weite Strecken mit Sex beschäftigt, kein lyrischer Tiefgang zu erwarten ist, ist klar. Doch es trifft einen Nerv, der wahrscheinlich viel wichtiger ist: Es unterhält auf ganzer Linie mit seinem Abwechslungsreichtum. Und wird von einer Künstlerin getragen, die faucht, gurrt, trällert und flötet, was das Zeug hält.

Billige Provokation hin oder her, Amanda Blank liefert ein fulminantes Debüt ab: verspielt, aber nicht verschnörkelt, rund, keinesfalls linear und ohne Zweifel durch und durch weiblich. Für den Augenblick jedenfalls steht sie auf einer Stufe mit ihrem großen Vorbild Peaches. Mal sehen, wie lange sie sich da halten kann.

Trackliste

  1. 1. Make It Take It
  2. 2. Something Bigger, Something Better
  3. 3. Make-Up
  4. 4. Gimme What You Got ft. Spank Rock
  5. 5. Lemme Get Some ft. Chuck Inglish
  6. 6. Shame On Me
  7. 7. A Love Song
  8. 8. DJ
  9. 9. Might Like You Better
  10. 10. Big Heavy
  11. 11. Leaving You Behind ft. Lykke Li

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21 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    gefällt! Eine ganz gute Platte, wenn man es zu Peaches oder sagen wir einer gewissen Lady GaGa vergleicht... Na gut, teils bitchy, teils trashy/sehr trashy. Also das ganze Album klingt einfach als wär sie total geil. Lyrics: "might like you better, if we slept togetehr" (Might Like You Better)! oder "how's motherf* on the whole damn block" etc. OK, lyrischer Tiefgang geht anders, sogar LaFee hat echte Grammy-Chancen fürs Songwriting im vergleicht zu Amanda. Aber die Platte macht einfach sooooo derb Spaß, auch als Mann so einer Frau mal zuzuhören ist einfach nur Grins-Alarm angesagt. Anders als die GaGa zieht die Amanda das Konzept ganz und gar durch, und nicht nur mit einem Augenzwinkern und Porno-Videos und lächerlichen Outfits, sonder wie die größte Cheap-Trash-Bitch aus Philly. Die Platte ist bei mir so was von auf Dauerrotation!!!

  • Vor 14 Jahren

    DJ ist grade mein Lieblingstrack von der Platte

  • Vor 14 Jahren

    Irgendwie uninteressant die Platte, hatte mehr erwartet.

    Ich bin raus...