laut.de-Kritik

Synthese gescheitert.

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Erst heute, mit einigen Jahren Reifezeit, lässt sich festhalten, wie einschneidend "Worlds Apart" für den Ist-Zustand dieser Band eigentlich war. Seinerzeit brach eine bis dato schon in höhere Sphären gelobte Noise/Artrock-Formation aus Texas aufs Schönste mit dem eigenen Fundament. Die POP-Fanfaren hielten mit dem vierten Album Einzug, und wer mag, denkt sich jeden Großbuchstaben nochmal in Potenz dazu.

Die Arrangements waren kompakter, die Orchestrierung ausladender, Witz, Ideen und Dynamik noch pointierter geworden. Dieses übergeschnappte Geistesblitz-Sammelsurium erweiterte die Flügelspannbreite der Anhängerschaft beträchtlich. Der Stamm der Alternative-Rocker musste ein Stühlerücken im Trail Of Dead-Fanclub über sich ergehen lassen, damit Indies und Popkultur-Referenten Platz fanden.

Was auf diesen Geniestreich folgt, sind im Grunde Nachwehen: erst eine "Worlds Apart"-Reprise namens "So Divided", welche auf Rezeptionsseite zwar nicht so kolossal einschlug, aber die Idee von Prog-infizierten Gitarrenhymnen voller Poprafinesse konsequent weiterführte; und jetzt also der obligatorische "Befreiungs-Release".

Ihr Majorlabel-Vertrag ist Geschichte, ebenso der alte Vorsatz, im Studio stets auf sämtliche modernen Produktionsmittel zurückzugreifen. "Es gibt auf der gesamten Scheibe nicht einen Moment, in dem wir versucht haben Songs zu schreiben, die man im kommerziellen Radio hören könnte", tönt Conrad Keely. "Wir wissen, dass Singles den Markt beleben, aber uns ist das egal."

Ganz so trotzig-obsolet gegen Mainstream und Eingängigkeit agitiert klingt "The Century Of Self" zum Glück nicht. Vielmehr versuchen sich Keely, Jason Reece und Kevin Allen an einer Synthese ihrer Trademarks Pomp-Rock und Epic-Pop. Dabei wird bereits nach der ersten Albumhälfte überdeutlich, dass das Gesamtresultat an dieser Ambition scheitern muss.

Die Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln äußert sich zwar akustisch in einer beeindruckenden wall of noise, trotzdem weckt das eher mäßige Songwriting nostalgische Gefühle an vergangene Kunststücke. Wie auf allen Trail Of Dead-Werken schieben die Texaner einem instrumentalen Intro einen klassischen, breitbeinig-shoegazenden Noiserocker hinterher.

Anstatt aber im Anschluss Gewalt gegen dynamische Finesse einzutauschen, bratzen "Far Pavilions", "Isis Unveiled" und Konsorten völlig schematisch nach vorne. Geschichtsbewusstsein besitzen diese Knallbonbons insoweit, als dass sie zusätzlich die Opulenz der letzten beiden Releases besitzen. Ungeachtet des Verzichts auf Samples und Orchester verladen sie jedoch insgesamt zu viel Gepäck. Die Crescendo-Gitarren und fettschwartigen Drumkaskaden strengen ob mangelnder Ruheinseln eher an.

Melodieseligkeiten wie im "Halcyon Days"-Break finden sich zu selten. Leider weiß auch die zweite, harmoniesüchtigere Seite des Albums nicht voll zu überzeugen. Auch hier fehlt das pophistorische Augenzwinkern eines "Let It Dive", das mancher im Britpop verortete, oder anrührende Festgesänge à la "How Near How Far".

Fans der rockistischen Bandmomente werden mit "Century Of Self" am ehesten glücklich werden, selbst wenn "Source Tags & Codes" da erste Wahl bleibt. Freunde des allzeit unberechenbaren Größenwahns der Texaner müssen sich an Historisches halten. Das Schisma Rock/Pop, dass "Worlds Apart" und "So Divided" schon im cleveren Titel trugen, kann dieser jüngster Streich jedenfalls zu keiner Zeit überwinden.

Trackliste

  1. 1. The Giants Causeway
  2. 2. The Far Pavillions
  3. 3. Isis Unveiled
  4. 4. Halcyon Days
  5. 5. Bells Of Creation
  6. 6. Fields Of Coal
  7. 7. Inland Sea
  8. 8. Luna Park
  9. 9. Insatiable (One)
  10. 10. Pictures Of An Only Child
  11. 11. Ascending
  12. 12. An August Theme
  13. 13. Insatiable (Two)

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