laut.de-Kritik

Zuckersüß, aber nicht klebrig.

Review von

Zuckersüß ist es geworden, Annies Debüt, und das erfreulicher Weise, ganz ohne dabei klebrig zu wirken. OK, bahnbrechende musikalische Neuentwicklungen darf man nicht erwarten. Man muss Elektropop und Disco mögen. Und den 80ern viel abgewinnen können, denn die grüßen mindestens aus jedem zweiten Track. Und man darf keinerlei Wert auf eine beeindruckende Singstimme legen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, spricht nichts dagegen, an "Anniemal" seinen Spaß zu haben.

Annie "kann ... überhaupt nicht singen" - so stand es jüngst im Rolling Stone zu lesen. Das ist mal wahr. Junge Junge, ein derart dünnes Stimmchen habe ich wirklich schon lange nicht mehr gehört. Besonders mager nimmt Annie sich an Stellen aus, an denen der Bass etwas wuchtiger zuschlägt. "Always Too Late" ist so ein Fall; allerdings passt das Gehetzte, das die Norwegerin hier an den Tag legt, hervorragend zur Thematik des notorischen Zuspätkommens. Witziger Ansatz, dennoch weist der Song deutliche Längen auf. Auch in "Heartbeat", bei dem Röyksopp-Kollege Torbjørn Brundtland seine Finger im Spiel hat, möchte man Annie am liebsten Kraftbrühe anreichen, so zerbrechlich nimmt sie sich neben der beinahe schon rockigen Instrumentalisierung aus.

Und doch: Vergleiche mit der frühen Madonna oder mit Kylie Minogue sind nicht aus der Luft gegriffen. Wenngleich ein wenig blutleer, so liegt doch irgendetwas Rührendes in der Stimme der kleinen Skandinavierin. Selbst im Grunde fröhlichen Tracks wie dem Titelsong "Anniemal" verleiht Annie einen leichten melancholischen Unterton, der in "My Best Friend" schließlich zu vollen Ausbreitung kommt und ein sehr disco- und dancefloor-lastiges Album überraschend ruhig ausklingen lässt.

"Chewing Gum" und "Me Plus One" entstanden unter Mithilfe des Londoner Bastard-Pop-Pioniers Richard X. Beide Nummern versprühen den synthetischen Charme der 80er Jahre, besonders bei "Me Plus One" musste ich unaufhörlich an Michael Jacksons "Wanna Be Startin' Somethin'" denken. Das Tempo ein wenig gedrosselt, Jacksons funky Bläser durch etwas elektronisches Geblubber ersetzt: Da haben wir's. Dazu (in "Chewing Gum") das alte "Girls just wanna have fun"-Thema; irgendwie alles schon mal da gewesen. Die Produktion allerdings ist technisch absolut auf der Höhe der Zeit, Op:l Bastard Timo Kaukolampi darf diese Lorbeeren für sich einstreichen. Selbst Shakatak-Samples ("No Easy Love" verwurstet "Easier Said Than Done") wirken plötzlich wieder brandaktuell.

Sehr abwechslungsreich präsentiert sich "Come Together": Nach einem sachten, nur vom Gesang getragenen Einstieg (Annie wirkt hier übrigens lange nicht so piepsig wie über weite restliche Strecken des Albums), landet man unversehens in einer knackigen Dancefloor-Nummer, die an Clubtauglichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Daneben zieht "Greatest Hit", ein Track, den Annie bereits vor fünf Jahren veröffentlichte, alle Register einer klassischen Disco-Nummer. Auch hiermit werden sich die Tanzböden problemlos füllen lassen.

Leichte Kost aus Skandinavien, also Freunde von Disco und Elektropop können bedenkenlos zugreifen.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Chewing Gum
  3. 3. Always Too Late
  4. 4. Me Plus One
  5. 5. Heartbeat
  6. 6. Helpless Fool For Love
  7. 7. Anniemal
  8. 8. No Easy Love
  9. 9. Happy Without You
  10. 10. Greatest Hit
  11. 11. Come Together
  12. 12. My Best Friend

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