laut.de-Kritik

Jungs, ihr müsst nicht rappen, wenn ihr nicht wollt, ok?

Review von

Irgendwie schwant mir, dass Azet und Zuna Kritik an ihrer Musik damit abtun würden, dass sie doch auch nicht schlechter als der Rest sei. Es würde zumindest die Philosophie von diesem Album ganz gut widerspiegeln. Auf "Super Plus" folgt "Ultra Plus", einmal mehr machen sie Gangster-Rap mit viel Autotune, Elementen aus Pop, Dancehall und Trap und klingen dabei kompetent, aber von ihrem Job ausgebrannt. Und auch, wenn die Flows stimmen und die Produktionen nichts falsch machen, merkt man doch einfach, wenn Leute nicht so viel Lust haben. Spätestens beim dritten Hören denkt man sich: Jungs, laut diesem Album habt ihr doch inzwischen genug verdient. Ihr müsst keine Rapper sein, wenn ihr nicht wollt, ja?

Warum machen Leute ein Album? Die naheliegendste Antwort bei diesem Playlist-Machwerk wäre wohl: Weil sie Geld brauchen. Rap, als würde die Miete davon abhängen, klingt aber anders. Die Uhren und Autos sind ja inzwischen angeschafft, Emotion ringt dem Duo auf Songs wie "Ohh Oh" nur noch ihr Steuersatz ab. Immer wieder müssen sie sich mit Verweisen auf Immobilien daran erinnern, dass sie gern noch mehr Geld verdienen würden. Auch die These, man würde ein Album machen, weil man etwas zu erzählen habe, braucht man bei diesem Luxusprobleme-Rap eigentlich gar nicht so wirklich beachten.

Machen sie dann also ein Album, weil sie sound-mäßig neue Ideen oder zumindest starke Songs in petto haben? Nun ja, hätte es "Palmen Aus Plastik" nie gegeben, dann wäre "Ultra Plus" bestimmt unter den zehn passabelsten Ersatzprodukten, die in den letzten sechs Monaten so rausgekommen sind. Kleiner Scherz. Ohne "Palmen Aus Plastik" gäbe es dieses Album nämlich gar nicht. "Karussell" gibt mit dem hohen Tempo und der stimmlichen Energie wohl das musikalische Highlight das Team, und sollte aus irgendwelchen Gründen mal "Ohne Mein Team" auf Spotify gesperrt werden, gehen die Streams dafür sicher alsbald durch die Decke.

Aber für viele Songs gilt hier: Das Handwerk der beiden sollte man nicht unterschätzen. Gerade Azet geht ab und zu in ziemlich formidable Parts und Stimmeinsätze über, die durchaus Bock machen, aber das Songwriting kommt durch die Bank so fantasielos, dass man nach dreißig Sekunden eigentlich recht weiß, in welche Richtung das gerade gehen soll. "Azet und Zuna sind zurück, le-le-le-le", sagen sie selbstironisch auf dem angenehm aggressiven "KMN", "ihr macht Melodien, aber klingt wie KMN" folgen sie darauf, als wären sie hier die Kopierten. Mutige Aussagen für Rapper, die selbst ein Kenner nur mit Mühe und Not aus der Modus Mio-Playlist herausidentifizieren kann.

Ihre Anonymität bleibt im Laufe von "Ultra Plus" ihre große Schwäche. Sie können zwar alles ein bisschen, aber nichts besonders gut und haben auch nicht die Absicht, auch nur eine Fußbreite aus dem Phrasendreschen auszubrechen. Um noch mal auf die Eingangsthese zurückzukommen: Nein, die meisten Songs auf diesem Album sind vielleicht nicht schlechter als der andere Schmu, den man so im Bus ganz hinten aus der Bluetooth-Box dröhnen hört, aber wirklich besser eben auch nicht. Der Versuch, Geschichten zu erzählen, geht in den vereinzelten Fällen auch nicht über die plakativsten Stereotype hinaus. "Kriminal" ist einer der coolsten Beats, der mit seinem minimalen Sample und der Percussion ein wenig an 2000er-Bushido erinnert, und die Stimmfarbe von Zuna geht hier in die Richtung. "Vier-vier, ja, wir haben an der Grenze gewohnt", baut er zum Beispiel auf und man hofft kurz auf irgendetwas mit Einblick auf seine Vergangenheit. Aber es folgt nur "aber ihr seid alle nur Schwänze gewohnt". Dann doch lieber die reinen Pop-Sellouts mit der hauptberuflichen Dua Lipa-Imitatorin Dhurata Dora, die dem stimmig betitelten "OEO" den Vibe eines albanischen ESC-Beitrag verleiht, der sich erhobenen Hauptes im Mittelfeld platziert.

Im weiteren Verlauf vergeigen sie die soliden Beats mit ungelenken Refrains, die übrigen Beats klingen so sehr von der Stange, dass sie selbst sie vermutlich in einem halben Jahr nicht mehr von generischen YouTube-Beats unterscheiden könnten. Azet und Zuna sind an sich keine schlechten Künstler, aber "Ultra Plus" fehlt vorne und hinten das Feuer. Warum haben sie das Album denn jetzt gemacht? Irgendwie halten sie immer noch an der Tellerwäscher-Millionär-Geschichte fest, aber Jahre nach ihrem Durchbruch ist "Rap für den dritten Mercedes" einfach kein so großer Hook mehr. Vor allem, wenn die Songs einfach beliebig nach alternden Trends geschneidert werden, die Parts vor Phrasen nur so triefen und das Album plätschert wie die Ausschussware für eine mittelmäßige Playlist. Wahrscheinlich haben sie einfach ein Album gemacht, weil ihre letzte Tour zu Ende war, ihr Label-Vertrag noch ein Album vorgesehen hat und sie dachten, dass die Formel schon funktioniert. Und daran ist nichts falsch, aber auch nichts besonders spannend.

Trackliste

  1. 1. SL
  2. 2. 600k
  3. 3. KMN
  4. 4. Ohh Oh
  5. 5. Karussell
  6. 6. OEO (feat. Dhurata Dora)
  7. 7. G-Class
  8. 8. Kriminal
  9. 9. Kangal (feat. Albi)
  10. 10. Bora
  11. 11. Motorrad
  12. 12. Ufer
  13. 13. Farben
  14. 14. Keine Zeit

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6 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor einem Jahr

    unwichtige Musik für unwichtige Menschen

  • Vor einem Jahr

    Ich weiß nicht so genau, was es ist, aber ich finde die beiden einfach doof. Dass man mit sowas zu offenbar viel Geld kommen kann, lässt mich aber zweifeln.

  • Vor einem Jahr

    Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.

  • Vor einem Jahr

    Diese beiden Spackos hebeln die mathematische Regel, nach der Minus mal Minus Plus ergibt, eindrucksvoll aus. Unfassbar schlecht.

  • Vor einem Jahr

    Wichtigste Fragen: Ist Mama immer noch oder wahlweise wieder stolz? Wie viele Häuser wurden Mama inzwischen gekauft?

    • Vor einem Jahr

      Fast vergessen: Wie oft weint Mama auf diesem Album?

    • Vor einem Jahr

      Jetzt vorm alles entscheidenden Schlussdrittel bloß nicht aus der Rolle fallen! Kevin sollte Anfang 20 sein und in Ostdeutschland auf Platte leben, ca. 2-3facher Vater (weiß er nicht so genau) und als dauerintoxikierter schreikrächzender Innenhofphilosoph in seinem Block bekannt, tagein tagaus den Straßenkrimi mitgestalten, den Deutschlands Gangstarap-Bodensatz genauso lange in seinen Texten herbeibeschwört wie Kevin jetzt auf diesem Planeten lebt und dabei seinen Idolen wie Azet & Zuna stets unkritisch huldigt und ungefragt beipflichtet um in der Kategorie "Fake des Jahres" bei den diesjährigen laut.de-Kommentarspaltenmuppetshow-Awards mit einer Nominierung berücksichtigt werden zu können.

    • Vor einem Jahr

      Jetzt den armen Kev mal nicht gleich im ersten vollen Jahr überfordern. Du musst ja auch mal bedenken, dass wenn ich mal nicht da bin, ihr einen würdigen Nachfolger benötigt und jetzt schon heranzüchten bzw. dem Raum lassen müsst. Sonst droht euch ein Leben voller Langeweile, quasi ein farbloser Regenbogen ohne jegliche Erhöhung.

    • Vor einem Jahr

      Ich frag mich halt bloß, wo diese Schwemme an Stufe 0-Fakes alle Pseudologie studiert haben, dass sie so dermaßen unüberlegt und durchschaubar faken. Diese ganze Idee, einen Backpack-Rapfan-Fake auf dem nickname "Kevin2000" fußen zu lassen war doch von vorneherein Luftschloss auf Treibsand gebaut. Backpack-Rapfans nennen sich Bjoernsen78, Marcosimo82, TotalerAnfaenger oder etwas gewitzter auch mal Chris Was Gebacken. Musste vorher wissen wenn du ernsthaft vor hast, irgendwen irgendwo am Nasenring durch die Manege zu führen.

  • Vor einem Jahr

    Allein, dass durch Kevin solche umfangreichen Einordnungen provoziert werden, trägt enorm zum Unterhaltungswert dieser Kommentarspalten bei. Gerne weiter so. Beide.