laut.de-Kritik
Wer bin ich? Wohin gehe ich? Warum?
Review von Mathias MöllerDer Berliner Bär hat eine Schmusestimme und hört auf den Namen Ben. Das war schon nach dem Debüt "Hörproben" bekannt, und das Konzept des Erstlings greift auch bei der zweiten Scheibe "Leben Leben". Singen kann er, und das softe Image, das ihn mit seiner Hit-Single "Engel" letztes Jahr bekannt machte, gibt die Richtung vor. Schmusepop vom Feinsten für den willigen Teenager. Nur schade, dass dabei der Tiefgang größtenteils auf der Strecke bleibt.
So ist es zum Beispiel die Quintessenz von Opener und erster Single "Kleider Machen Leute", dass wir nackt alle mehr oder weniger gleich sind, altbekannt und höchstens für die Leserschaft von Dr. Sommer noch eine Neuentdeckung. Nach diesem Schema dudelt sich der Berliner Jung' durch Belanglosigkeiten, die Anspruch allenfalls vorgaukeln können.
Dass er sein "Leben leben" will, ahnt man ja schon beim Titel der CD, wer will das bitte nicht? Positiv heraus sticht "Die Musik" trotz ihrer Schlagerhaftigkeit, hier kann Ben das Gefühl von ehrlichen Texten vermitteln. Dass er anders kann, zeigt er auch bei "Alles Was Ich Will" oder dem zur Zeit üblichen Protestsong "Sturm Kommt Auf". Warum singt er nicht mehr Texte diesen Formats?
Der 22-Jährige verwurstet seine Erfahrung mit den Medien in der "Truman Show" und "Ich Spiel' Mein Spiel", in denen er Kritik übt an Reality-Shows und der Falschheit von Wegbegleitern in seiner Karriere. Neu ist das auch nicht. Ansonsten bringt Ben zur Sprache, was junge Erwachsene sich fragen: Wer bin ich? Wohin gehe ich? Warum? Es ist offensichtlich, dass "Leben Leben" wohl nur diese Zielgruppe ansprechen kann.
Zugute halten muss man Ben, dass er das halbwegs intelligente "Ich Steh' Auf" der Aktion Gesicht Zeigen widmet und diese auch mit einer Anzeige in seinem Booklet unterstützt. Ebenso erfreulich ist die Tatsache, dass er fleißig an seinen Songs mitschreibt. Gar nicht so gewöhnlich für einen Pop-Star von heute.
Im Endeffekt bleibt Ben auf seiner zweiten Langrille bequem belanglos, ein wenig mehr scheint ihm durchaus möglich. Doch dazu müsste er sich noch entschiedener von seinem Schmusebär-Image trennen.
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