laut.de-Kritik
Kein Geschenk für Beyoncé.
Review von Anastasia Hartleib"The Lion King: The Gift" könnte ein spannendes Album sein. Wäre da nicht die Umsetzung, die Beyoncé und ihren Gästen einige Steine in den Weg legt. "The Gift" funktioniert nicht als offizieller Soundtrack für das kürzlich erschienene Remake vom Disney-Klassiker "Der König der Löwen". Ein eigenständiges Beyoncé-Album ist die 27 Titel starke Platte allerdings auch nicht, denn: Das Album behergt neben unzähligen Skits aus der Film-Adaption auch einige Tracks, auf denen Beyoncé gar nicht zu Wort kommt.
Das Album sei als eine Art Ode an den afrikanischen Kontinent und seine Klänge zu verstehen, lässt man die Weltöffentlichkeit wissen. Daher wurden auf "The Gift" größtenteils afrikanische Künstler eingeladen, wie die nigerianischen Sänger Burna Boy, Mr Eazi oder Tiwa Savage.
Auch soundtechnisch orientiert man sich an der musikalischen Schnelllebigkeit auf dem Mutterkontinent. Es geht deutlich lauter, bunter und afrotrappiger zu, als es der klassische Beyoncé-Anhänger vielleicht von ihr gewöhnt sein dürfte. Das wirkt sich allerdings gar nicht unbedingt negativ aus: Auch wenn das aufgeputschte und überbordende Soundbild im ersten Moment etwas Gewöhnungszeit einfordert, so entpuppen sich die Tracks doch als spannende Ausflüge über den großen Teich. Besonders hervorzuheben sind hier definitiv "Ja Ara E" von Burna Boy, das sich etwas frech nähert und dann schmeichelnd die Hände an die Hüften legt und zum Fühlen einlädt. Sofern man zumindest willig ist, im modernen Dancehall zu verortende Klänge überhaupt an sich heran zu lassen.
"Water" sticht hier ebenfalls heraus, produziert von Pharrell, gesanglich unterstützt vom Kameruner Salatiel, der gemeinsam mit Queen Beyoncé Afrotrap in Reinform liefert. Genauso "Key To The Kingdom", das zwar einen deutlich größeren Karibikeinschlag aufweist, aber definitiv zum spätsommerlichen Hit taugt.
Einen wirklichen Bezug zum Film baut das Album allerdings nicht auf. Da helfen auch die Film-Skits nichts, die etwas wahllos die "Lion King"-Story runterreißen und ansonsten sehr unpassend wirken. Weder auf musikalischer noch auf textlicher Ebene wird da ein Bezug hergestellt, die Skits reißen das Album förmlich auseinander. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Filmemacher mit aller Macht versuchen wollten, den Hype um den Streifen noch ein bisschen auszudehnen, indem man noch ein Goodie auf den Markt schickt, das Beyoncé auf dem Cover stehen hat.
Dass die Sängerin vielleicht genauso planlos in dieses Projekt gestartet ist, hört man "The Gift" deutlich an. Der ursprüngliche und etwas eigentümliche Afrotrap knallt auf großformatige Pop-Produktionen wie "Scar" und R'n'B-Klänge mit Kendrick Lamar, die an und für sich schon passen, zusammen aber überhaupt keinen Sinn ergeben. Besonders deutlich wird das zum einen in "Brown Skin Girl", in dem Tochter Blue Ivy ans Mikro muss und ein paar furchtbar schiefe Töne rauspresst, die wirklich nicht mehr als süß zu rechtfertigen sind.
Zum anderen daran, dass der letzte Song "Spirit", der eigentlich vom Original Soundtrack stammt, eine breit orchestrierte, groß aufgebaute Pop-Nummer ist, die mal sowas von überhaupt nicht zum Rest von "The Gift" passt. Es macht fast ein bisschen traurig, dass "Spirit" im Beyoncé-Kontext deutlich authentischer wirkt, als der Rest des Albums. Dass sich die sonst so stolze Texanerin für das Album auf die ruandischen Wurzeln ihres Ehemannes bezieht, unterstreicht den aufgesetzten Gesamteindruck von "The Gift". Ein Geschenk hat sich die Grand Dame des Pop-Business damit jedenfalls nicht gemacht.
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