laut.de-Kritik
Parodie und Hommage in fluffigem Saloon-Sound.
Review von Amelie KöpplNach inzwischen 20 Jahren Bandgeschichte reiten die Black Lips mit ihrem neuesten Werk unermüdlich durch die Prärie und stürzen sich ein neues musikalisches Abenteuer. Dabei gestaltet sich "Sing In A World That's Falling Apart" auf den ersten Blick gar nicht sonderlich abenteuerlich. Der Opener "Hooker Jon" klingt so typisch, wie die Black Lips nur klingen können. Neckische Zeilen wie "He thinks I'm a hooker / She thinks that I'm a john" (dt.: "Er denkt, ich sei eine Nutte, sie denkt ich sei ein Freier") inklusive.
Songs wie "Chainsaw" oder "Angola Rodeo" muten hingegen wie alte Klassiker anderer Größen an. Vergleiche mit Chuck Berry oder gar den Stones liegen unverfänglich nah. Gerade zum zeitlosen Stück Rock'n'Roll "Angola Rodeo" lässt es sich mühelos das Tanzbein schwingen.
Wie gekonnt sich die Black Lips ohne mit der Wimper zu zucken in viele verschiedene Genre-Gewänder zwängen, zeigt "Rumbler", das elegant und irgendwie auch ein bisschen lustlos durch eine wahre Familiengeschichte des Bassisten Jared Swilley schlurft: Ein abtrünniger Einzelgänger kehrt aus dem Krieg zurück und findet in einer Bürgerwehr seine neue kämpferische Heimat.
Oder nehmen wir "Gentleman", in dessen Sound man sich gemächlich fallen lassen kann, während man über kleine Weisheiten des Lebens stolpert: "I found out the hard way that the pathway to her heart's not through her nose." Auch die anderen Songs auf der Platte packen auf eine äußerst unterhaltsame Art Anekdoten über Verfall und Verlust in locker-flockigen Saloon-Sound.
Vor rund zwei Jahren erwähnte die Band fast schon beiläufig in einem Interview, ihnen schwebe als nächstes eine Fake-Country-Platte vor. Aber wie gut und echt und so gar nicht nach muffigen Country sie klingen würden, war ihnen bei dieser Aussage wohl noch nicht klar.
"Sing In A World That's Falling Apart" ist ein bisschen Parodie auf das Ende der perfekten Countryfassade, aber auch ein bisschen Hommage an ihre Heimat. Jeder und jede, der oder die musikalisch einmal anders abbiegen und dabei nicht auf gute Geschichten verzichten will, ist bei dieser neuen Platte der Black Lips bestens aufgehoben.
3 Kommentare mit einer Antwort
Das geht schon sehr an die Schmerzgrenze. Ohne die Lyrics könnte das hier fast als ernstgemeint durchgehen. Aber schlecht ist es definitiv nicht.
Okay, geht doch sehr gut rein. Gerade die Black-Lips-typische Rotzigkeit beim Vortrag gewinnt mich dann doch immer wieder.
ich feiere diesen schmalen grad zwischen parodie und hommage sehr heftig ist es natürlich kein david allen coe aber es läuft sehr gut rein. habs zusammen mit der letzten october drift und der acoustik ep von BONES UK in der playlist
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