laut.de-Kritik

Stilistisch vielseitige Reise durch die Welt.

Review von

Bei allem Wagemut, mit dem sich Joey Burns und John Convertino mit "Garden Ruin" aus den Zwängen des typischen Calexico-Sounds mit Americana und Mariachi-Klängen zu befreien versuchten: nicht wenige äußerten sich enttäuscht und bezichtigten die Band der Ziellosigkeit. Man durfte also gespannt sein, wie sich "Carried To Dust" nach Calexicos wiederum großartigen Einspielungen für den Soundtrack zu Todd Haynes' filmischer Annährung an Bob Dylan ("I'm Not There") gestalten würde.

Sozialkritisch motiviert sind die Songs nach wie vor, der Blick richtet sich aber weniger auf die USA wie beim Vorgänger als vielmehr auf die sozialen Missstände in der globalisierten Welt. Calexico schöpfen in vollen Zügen aus ihren Möglichkeiten, die üppige und ausgefeilte Instrumentierung beinhaltet auch die Rückkehr der Bläser, Tex Mex, angereichert mit Latin- und Jazzeinlagen, Country und Americana.

Gastmusiker wie Pieta Brown, Sam Beam (Iron), Douglas McCombs (Eleventh Dream Day) und die spanischen Sängerin Amparo Sanchez und ihr Mitstreiter Jairo Zavala untermauern die musikalische Vielfältigkeit. "Vicor Jara's Hands" macht den 1973 von der Junta ermordeten chilenischen Musiker zum Thema und überrascht mit einem ethnopoppigen Ausflug, Latin-Anleihen und eingängigem Refrain.

Ähnlich weltmusikalisch arbeitet sich das voluminöse "Two Silver Trees" zu Drums, Glockenspiel, Bass, Akkordeon von Burns' eher genuschelten Strophen empor zum gefälligen Refrain. "Man Made Lake" hingegen trägt inhaltlich post-apokalyptische Züge, was sich musikalisch in Convertinos verschachteltem Schlagzeugspiel, dumpfem Bass und der verzerrten E-Gitarre widerspiegelt, die mit lieblichen E-Pianoklängen wetteifern.

Mit "Inspiración" laden Trompeter Valenzuela und Sängerin Amparo Sanchez mit Bläsersätzen und zirpender Orgel zum leidenschaftlichen Tango, ehe Burns mit der gesanglichen Unterstützung von Sam Beam das süßliche "House Of Valparaiso" anstimmt. Dem folgt das wunderbare Country-Duett "Slowness" mit Pieta Brown, gerahmt von der Akustischen, der säuselnden Lap Steel und weichen Drums.

Mit flüsternder Stimme, gezupfter Gitarre und Jazz-Versatzstücken gefällt das dämmrig-atmosphärische "Hole In Your Head" und das famose Wüstenrock-Instrumental "Trigger Visited", das in bester Spaghetti-Western-Manier um die Ecke galoppiert, während sich "Fractured Air" als weiche Dub-Nummer entpuppt.

Pianotupfer, ein trockener Beat und Gitarren instrumentieren das spannungsreich inszenierte Drama jener verarmten Menschen in Russland, die auf der Straße dem Frost zum Opfer fallen. Zu lachen gibt's da genauso wenig wie im sphärischen "Contention City", dessen zarte Pianolinie von vernebelten Klangflächen getragen wird und das brillant instrumentierte und arrangierte Album sentimental abschließt.

Weniger ist mehr, werden Fans früherer Calexico-Alben die Sprunghaftigkeit bemängeln und den staubigen Wüstenklang vermissen. Alle anderen werden sich auf diese Platte, die unterschiedlichste Hörerbedürfnisse befriedigt, einigen können.

Trackliste

  1. 1. Victor Jara's Hands
  2. 2. Two Silver Trees
  3. 3. The News About William
  4. 4. Sarabande in Pencil Form
  5. 5. Writer's Minor Holiday
  6. 6. Man Made Lake
  7. 7. Inspiración
  8. 8. House Of Valparaiso
  9. 9. Slowness
  10. 10. Hole In Your Head
  11. 11. Trigger Revisited
  12. 12. Fractured Air
  13. 13. Falling From Sleeves
  14. 14. Red Blooms
  15. 15. Contention City

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8 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Hier kann man sich das neue Album völlig legal und in voller Länge anhören. (1-2 Tracks fehlen, glaub ich.)

    http://www.intro.de/link.php?artist=511

    Man kann es sich natürlich bei der Gelegenheit auch aufnehmen, aber ich denke ich werde es mir kaufen. Calexico haben mich noch nie enttäuscht und sind ihr Geld auch diesmal Wert.

    Klasse Album.

    @Avis: Was verstehst du unter ziellos?

  • Vor 15 Jahren

    Mir fehlt z.b. im Vergleich mit Hot Rail so ein bisschen der rote Faden. Das ganze ergibt irgendwie keine so homogene Einheit. Es fühlt sich irgendwie so an als wollten die Jungs in zu viele Richtungen gleichzeitig.
    Nichtsdestotrotz sind die Songs für sich genommen klasse.

  • Vor 15 Jahren

    Ja ist schon ziemlich scheiße das die coverreihe bei der letzten Platte ausgesetzt hat. Das neue kann aber einiges.

    two silver trees is schon ok haut mich aber nicht vom hocker...