laut.de-Biographie
Casey
Mit Glasknochen eine Hardcore-Band zu fronten, gehört sicher nicht zu den gesündesten Dingen, die man tun kann. Tom Weaver ist das herzlich egal, gründet er doch 2016 gemeinsam mit Gitarrist Liam Torrance die Band Well Wisher. Anfangs nur als Studio-Projekt gedacht, entwickelt sie sich mit der Rekrutierung von Zweitklampfer Toby Evans, Bassist Scott Edwards und Schlagzeuger Max Nicolai bald zu mehr.
Den Namen Casey legt sich die Truppe zu, nachdem sie eine kurze Phase der Orientierungslosigkeit hinter sich hat, in der Weaver auf einen Posten bei den australischen Metalcorelern Northlane spekuliert. Letztlich bleibt er aber doch im heimischen South Wales, um mit seiner denkbar Google-unfreundlichen Band die Post Hardcore-Szene aufzumischen. Schuld am Namen ist übrigens sowohl Weavers Leidenschaft für ein so betiteltes Album der Band The Rise Of Science als auch Torrances Respekt für den verstorbenen Hawthorne Heights-Gitarrist Casey Calvert.
Die Karriere Caseys kommt zügig in Fahrt, bereits ein Jahr nach Gründung touren sie mit Alazka und Acres. Den baldigen Ausstieg Edwards' verkraften sie mithilfe von Neuling Adam Smith. Mit ihm am Bass entsteht das Debüt-Album "Love Is Not Enough". Das Kritiker-Echo fällt durchweg positiv aus. Tatsächlich halten Casey mit den fast zeitgleich "Stage Four" vorlegenden Genrehelden Touché Amoré locker mit. Die Mischung aus Hardcore-Agression und verletzlichen Melodien funktioniert.
Während Weaver auf dem Debüt noch über "die üblichen Geschichten von Liebe und Verlust" – sprich: seine romantischen Erfahrungen – singt, konzentriert er sich beim Nachfolger "Where I Go When I Am Sleeping" auf seine körperliche und mentale Krankheitsgeschichte. "Bei Geburt wurde Glasknochenkrankheit bei mir diagnostiziert, mit 15 attestierte man mir Colitis ulcerosa und mit 20 manische Depression. Außerdem erlitt ich einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall und war in einen Verkehrsunfall verwickelt, der mein halbes Gesicht zertrümmerte. Damals durchlebte ich diese Dinge einfach, aber nun realisiere ich, dass ich wohl vier-, fünfmal hätte sterben können. Ich habe Glück, hier zu sein."
Smashing Pumpkins- und Touché Amoré-Produzent Brad Woods verschafft dem Album eine angemessen vielschichtige Soundkulisse, die den entwickelten Stil Caseys hervorhebt. Die Band spielt ruhiger als auf dem Debüt, platziert die Ausbrüche wohldosiert, schafft aber ein in sich sehr kohärentes Album. Dass es so ausfallen würde, hatten die Musiker ursprünglich gar nicht geplant. "Ich weiß nicht, ob es einen einzigen Song auf der Scheibe gibt, bei dem jeder mitgearbeitet hat. Erst am ersten Pre-Production-Tag hockten wir uns hin, spielten alles zusammen durch und merkten, dass es hinhaut."
So tragisch und musikalisch melancholisch bis depressiv der Inhalt des Albums auch ist, Weaver gewinnt dem Ganzen schlussendlich etwas Positives ab: "Ich mag die Phrase nicht, aber es steckt tatsächlich etwas Wahres in 'Was dich nicht umbringt, macht dich stärker'. Was mich nicht umbrachte, mache mich zwar nicht unbedingt stärker, aber es machte mich zu dem, was ich bin. Hätte ich nicht all diese Dinge durchlebt, wäre ich nicht so offen als Person und würde mich lange nicht so gut in meinem Kopf auskennen."
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