laut.de-Kritik
Träumerisch ausufernder Postrock.
Review von Andreas Dittmann"Songs are like puzzles waiting to be structured." - Wenn Erik Burke-Moran, einer der Gitarristen von Caspian, auf rocksound.tv über die Songs von "Waking Season" redet, bekommt man den Eindruck, die Band würde an Alben und Songs wie an einem Puzzle oder einem Modell arbeiten. Ein Stück nach dem anderen wird eingearbeitet, drauf geschichtet. Jedes Teil hat seinen eigenen Platz. Kein Teil ist überflüssig oder wichtiger als ein anderes. Am Schluss passt alles und man betrachtet ein richtig schönes Ergebnis.
Und genau so wirkt "Waking Season" dann auch. Wie ein fertiges Puzzle, an dem alles seine Ordnung hat. Wo jeder Takt, jeder Ton seinen eigenen Raum besitzt, seinen festgelegten Platz. Es sind nicht nur die Instrumente, oder bestimmte Riffs, Tonfolgen, Akkorde, die als Puzzle-Teil fungieren, jeder Song ist letztendlich eines und ergibt am Ende das komplette Album.
Nun kann man ja – völlig zurecht – bemerken: Diese Herangehensweise von Caspian ist wirklich keine neue. Das haben Bands vor ihnen getan und das werden Bands nach ihnen tun. Einen Song wie aus dem Nichts aufbauen, langsam steigern und letztendlich mit monumentalen Gitarrenwänden enden. Das ist ein alter Hut, den sich Caspian aber oft genug vom Kopf reißen.
Dann bleiben sie einfach bewusst ruhig und beweisen Mut zu langen Wiederholungen. Oder sie bauen eine versteckte Gesangspur ein ("Gone In Bloom And Bough"), die natürlich auch nur ein Puzzleteil bleibt und genauso wichtig ist, wie alle anderen Instrumente. Zum Beispiel wie die fetten Gitarren, die immer wieder rein bratzen dürfen (großartig in "Fire Made Flesh") und den Song entweder noch weiter nach oben heben oder in kleine Stücke prügeln.
Manchmal schweigen sie auch komplett und lassen das Keyboard dichte und wabernde Soundteppiche weben oder sanfte Melodien klimpern. "Halls Of The Summer" ist so ein Lied, in dem einzelne Keyboardtöne über einem kaputten Drumbeat und wohligen Ambientschwaden schwirren und nur langsam von den Gitarren abgelöst werden.
Es ist aber eigentlich gar nicht so wichtig, was Caspian anders oder gleich machen. Denn dass die fünf Herren ihre Songs unheimlich intensiv, ausufernd, träumerisch oder auch mal sakral-glorreich arrangieren, reicht völlig. Da darf man gerne mit anderen Bands vergleichen so viel man mag und will. Das ändert auch nichts. "Waking Season" ist ein großartiges Puzzle, das man gerne im Kopf auseinander nimmt, wieder zusammenbaut und lange betrachtet.
19 Kommentare
Irgendwie scheint im Post-Rock bereits alles gesagt. Viele Alben, wie auch dieses einer Band aus der Oberschicht des Post-Rock, stagnieren - auf zugegeben hohem Niveau.
Aber es ist wie mit Koka oder H. - Es kickt einfach nicht mehr so wie beim ersten Mal Godspeeds' "Lift your skinny fists..." oder Mogwais' "Young Team", nicht mal mehr wie Monos' "You Are There", als die Lawine schon auf halber Strecke zum Tal war...
Als absoluter Steven Wilson Fan muss man dieser Produktion wirklich ehrfürchtig Respekt zollen. Zurücklehnen und der Rushhour entfliehen geht hiermit wirklich perfekt
@soulburn
Welches Genre entwickelt sich denn *wirklich* weiter? Meines Erachtens zeichnet sich avant-gardistische oder i.A. moderne Musik dadurch aus, dass sie Stile mischt; das Genre, schon für sich genommen nur eine Heransgehenweise, ist auch nur noch ein Stilmittel moderner Gruppierungen, um mithilfe anderer Genres zu neuer Musik gemischt zu werden.
Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.
Oha, wusst ich gar nicht. Bin ich am Start.
Und auch noch im MTC für 12,40 Euro. Komm ich nich drauf klar.
Gute Sache Morpho.
Waking Season ist auch in meinen Top 5 der Alben für transzendentale Erfahrungen
Kann immer noch nicht fassen, wie übergroß dieses Album ist.
Wird mal eine Legende sein.