laut.de-Kritik
Ein wilder Gorilla und vier garstige Duracell-Hasen trampeln alles in Grund und Boden.
Review von Kai ButterweckSeit 2004 braut sich am internationalen Metal-Core-Firmament etwas Düsteres, Schweres und Brachiales zusammen. Nicht, dass das Genre vor zartbesaiteten Klängen nur so strotzt; doch was sich das aus Pennsylvania stammende Quintett Century seit gut sieben Jahren an Sound-Hanteln um die breiten Schultern legt, dürften selbst einem Kraft-Heroen wie Matthias Steiner die Schweißperlen auf die Stirn treiben.
Wie eine wildgewordene Horde garstiger Duracell-Hasen trampelt der Fünfer gleich beim Opener ("Lobotomy") des Drittwerks "Red Giant" alles in Grund und Boden, was sich ihnen in den Weg stellt. Schwindelerregende Double-Bass-Attacken, tiefergelegte Sechssaiter und Sänger Carson Slovaks Gorilla-Organ geben eine Marschrichtung vor, die kaum Zeit zum Luftholen lässt.
Vertrackt, schleppend und schwer Hardcore-lastig geht es mit "Synapse" in die zweite Runde eines halbstündigen 10-Runden-Kampfes, der nur so nach einem frühzeitigen Knock Out lechzt. Spätestens "Oak God" lässt den Hörer erstmals schwer getroffen in den Seilen hängen, wenn sich der wohl breiteste Eckpfeiler des Albums mit Urgewalt in die Magengrube bohrt.
Immer wieder stoppen die Gitarrenwände und lassen die wummernde Hintergrund-Rhythmik für kurze Augenblicke von der Leine, um im nächsten Moment wieder mit geballter Kraft für brachiale Fülle zu sorgen. Auch wenn sich Carsons Stimmlage hier und da in höheren und klareren Tonlagen bewegt, der Wunsch, sich mit dieser Stimme zu einem netten Kaffeeplausch zu verabreden, ist ungefähr so groß wie das Verlangen nach einem Badeurlaub am Strand von Fukushima.
Das gesamte Inferno zu kategorisieren fällt nicht leicht, auch wenn Einflüsse von Converge, Snapcase oder auch Refused nicht von der Hand zu weisen sind, denn Century schaffen es auf beeindruckende Weise, in ähnlichen Gefilden zu wildern, ohne an Authentizität und Eigenständigkeit zu verlieren.
"Red Giant" klingt wie aus einem Guss. Kein Wunder: Jeder einzelne Song wurde geschrieben und sofort aufgenommen. Keine Kompromisse, keine wochenlangen Für-und-wider-Debatten. Schnell, simpel und effizient.
Vor allem bei Stücken wie "My Lexicon" oder "Dry Bride" zahlt sich der gesetzte Fokus auf den Augenblick aus. Da klingen die eingeworfenen Akustik-Parts auf ersterem genauso passend und sich perfekt einfügend wie die plötzlich auftauchenden Melodie-Passagen innerhalb der Vocals-Arbeit auf dem Zweitgenannten, wenn sich Slovak und Bassist Ricky Armellino den Gesang untereinander aufteilen.
So wütend und angriffslustig sich der instrumentale Background wie ein Dampfhammer Luft verschafft, so derbe geht es auch lyrisch auf dem Großteil des Materials zu, wenn sich Mastermind Carson individuelle und globale Missstände zur Brust nimmt: "Fuck you motherfucker, I will rip your fucking head off and fuck what's left of your esophagus! I'm gonna stab your fucking eyes out!" Wohlgesonnen und glücklich klingt irgendwie anders.
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