laut.de-Kritik
Wien macht dem 'dicken B' Konkurrenz.
Review von Kai KoppAls ich dieser Tage wieder mal so da sitze und vor mich hin grinse, flattert - kurz vor Veröffentlichung der neuen Seeed - ein Album aus der Reggae-Metropole Wien herein. Sei Cheese übersetzt die zehnköpfige Truppe "Say Cheese" und schickt mich mit dem Opener "Groove Inspector" voll auf den "Kottan Ermittelt"-Film. Ich belauere spanische Flamenco-Gitarren und schmetternde Trompeten, und nach gründlicher Inspizierung des zugrunde liegenden Beats komme ich zum Schluss: das kickt, und zwar ordentlich!
"Weil es für ihn gut ist, tut er den Ragga", rappen die Frontmänner Peter "Biggatree" und Thomas "Tombo" Gartmayr. Ihre Music Monk-Stimmen sind auf Anhieb ansteckend und verpassen den Songs den eindeutigen Stempel: Musik mit Wiedererkennungswert. Im Anschluss daran geben sie die Platzordnung durch. Der "Sitzplan"-Refrain wurmt sich auf direktem Weg ins Ohr. Mit zwei absolut überzeugenden Songs zu Beginn des Albums haben sie eh schon gewonnen, aber es kommt noch dicker.
Auf "Example" verdoppeln sie den Übertragungsrhythmus auf Ska-Tempo und leiten erste Gegenmaßnahmen zu rassistischen Tendenzen in ihrer Heimat ein. Den Vogel schießt aber "Unter diesen Umständen" ab. Wie jede gute Virologin in amerikanischen Seuchen-Thrillern können auch die Cheesevibes "unter diesen Umständen nicht arbeiten". Ihr Gegenmittel: "Cannabiskonsum einleiten". Dieses Serum wirkt ganz sicher - ich grinse noch ein bisschen breiter.
Kurzum, "Hop & Drop" ist vollgestopft mit sattem Dancehall-Reggae, der in ernsthafte Konkurrenz zum dicken B tritt. Mit "Madras", "Sofa", "Use Your Brain", "So", "Musik meiner Kultur" und "Good Things" tischen die Cheesevibes noch etliche Schmankerln auf. Ihre Vibes sind hochansteckend, ihre delikaten Songs nisten sich im Langzeitgedächtnis gemütlich ein. Das Debüt aus dem Kingston Österreichs überzeugt auf ganzer Linie.
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