Chris And The Other Girls - " They Will Say I've Been Trying Too Hard"

Denkt man an Südtirol, denkt man unweigerlich zuerst an Speck oder Knödel, oder beides zusammen. Woran man im wahrscheinlichsten Fall aber nicht denkt, ist Singer/Songwriter Musik. Chris And The Other Girls aber kommen aus Südtirol, besser gesagt die Person, die hinter dem Projekt steht, nämlich Christian Pitschl.

2005 erscheint die erste EP "Let Go". Deren unfassbar schöner Titeltrack lässt mich hohe Erwartungen hegen, als ich das Packet von Coffee And Records mit der Promoausgabe von "They Will Say I've Been Trying Too Hard" öffne. Dem Paket ist ein kleines Säckchen mit Kaffeepulver beigelegt, schöne Idee für passionierte Kaffeetrinker wie mich.

"They Will Say I've Been Trying Too Hard" beginnt mit "They Will Say" und schnell merkt man, dass Christian Pitschl ein Gespür für einfache aber wunderschöne Melodien besitzt. Eine Akkustik-Gitarre spielt unterlegt mit leichten Streicherarrangements, die im Laufe des Songs die Vorherrschaft übernehmen. Und dann diese Stimme. Der Track lädt zum Träumen ein und erzählt die Geschichte einer Stadt, die einen verlorenen Sohn wiederaufnimmt. Einfach und schön, einfach schön.

In "All The Way Home" erklingen erstmals leichte elektronische Elemente, aber keine Angst, alles fügt sich perfekt. Auch das Zusammenspiel mit den immer wiederkehrenden Streicher-Parts klappt hervorragend. Textlich stellt es wohl eine Ode an die Vernunft dar: "We got cocaine here / right in front of our feet / but we're too proud / to fall down on our knees".

Überhaupt sind es die Geschichten, die erzählt werden, die die Platte zu etwas Besonderem machen. Es werden keine weltpolitischen Themen angesprochen, sondern nette, kleine Details aus dem Leben werden vom Sänger genauestens beobachtet und liebevoll in kleine, zuckersüße Melodien verpackt. Dabei hängt immer ein großer Vorhang aus Melancholie vor sämtlichen Songs.

Thematisch bewegt man sich in für das Genre typischen Gewässern: Es geht oft um Sehnsucht und Einsamkeit, aber auch Hoffnung. Ist man ehrlich zu sich selbst, findet sich jeder irgendwo in einem der Songs wieder.

"Somewhere Near" bringt etwas Rock auf "They Will Say I’ve Been Trying Too Hard". Nichts desto trotz passt der Song geschmeidig in das Gesamtbild der Platte. "As for now I hope / that the night is kind to me / that the head gives the dream / a chance to win". Großartig.

Auch wenn man hört, dass Pitschls Stimme hier wohl an seine Grenzen stößt, man mag es dem Südtiroler verzeihen. Es klingt einfach alles ehrlich bis ins Knochenmark und man hat manchmal fast ein wenig Mitleid mit dem Sänger.

In "September" beispielsweise, wieder so ein kleines Meisterwerk, bettelt der zartfühlige Sänger geradezu um Zuneigung. "Don't stop showing me your affection / even when I'm cold / I'm ashamed when I notice my urge / for sympathy". Verdammt, schenkt diesem jungen Mann die Aufmerksamkeit, die er verdient!

Abgerundet wird alles mit "I've Been Trying Too Hard" und dem wohl schönsten Satz der CD: "I have been trying too hard / that’s what some might say / and I wouldn't know what to answer / cause that's okay and this is my heart / not more and not less / take it if you want / but always / handle it with care". Wow.

Die Platte entführt den Hörer, sobald die CD im Player liegt. Das Album wird trotz der knappen Stunde niemals langweilig, die 55 Minuten verfliegen als hätte man nur die Hälfte an Zeit investiert. Natürlich hakt es mal hier und zwickt mal da. Aber die Musik, gepaart mit der Stimme und Ehrlichkeit Pitschls, die man ihm im Gegensatz zu manch anderem Songwriter durchaus abnimmt, entsteht ein Gesamtwerk, das sich nicht verstecken muss vor etablierten Größen.

Obacht: Das Album kann man am Besten über die Labelhomepage beziehen.