laut.de-Kritik

Der Barde beschwört die Erinnerungen an bessere Tage.

Review von

Gleich zu Beginn scheint Chris de Burgh auf göttlichen Beistand zu hoffen: Doch der pathetische Streicherkitsch im Intro mitsamt ätherisch hechelnden Engelschören treibt selbst dem frommsten Ministranten den Angstschweiß in den Schritt.

Das Piano klimpert, und mit angemessen bebender Stimme erläutert Chris in "The Hands Of Man", wer denn nun für den Zustand dieser Welt verantwortlich zeichnet. "These are the hands / that build cathedrals" beschwört der Ire, und lässt sich hernach in bedeutungsschwangeren Bildern über Segen und Fluch der menschlichen Natur aus.

Doch der Ire bleibt nicht nur nachdenklicher Gutmensch, sondern lässt auch den positiv gestimmten Weltenumarmer in sich zu seinem Recht kommen. Das angestrengt fröhliche "There Goes My Heart Again" klingt irgendwie nach einem Bastard aus Honky Tonk und Charleston - die zickig sägende weibliche Stimme lässt aber wirklich keine Great Gatsby-Stimmung aufkommen.

Pathos, die nächste: "Birds on the wire / we are the lost generation", findet Chris. Und verpackt weitere tiefschürfende Erkenntnisse in "Big City Sundays" musikalisch dennoch in einen Bierzelt-Schunkler, bei dem man nicht eingeklemmt zwischen womöglich Jenny Elvers und Daniela Katzenberger sitzen möchte.

Im alterssentimentalen Ballädchen "Where Would I Be" greint de Burgh schon mal in quietschenden Tonlagen über einem frustrierten Piano, während im Hintergrund die üblichen Streicher ihr kärgliches Dasein fristen. Eine lustlose Lagerfeuergitarre kommt hinzu, bevor der bedauernswerte Schatten einer E-Gitarre zum wuchtig inszenierten Finale mit dem Holzhammer bittet.

Für "The Ghost Of Old King Richard" versucht de Burgh erfolglos tatsächlich vorhandenen Zauber früher Arbeiten wie "Crusader" zu wiederholen. Das mittelalterlich gestimmte Arrangement ergeht sich in einem burgfräulichen Tanzszenario, bis sich selbst Prinz Eisenherz genervt zur Kreuzfahrt nach Jerusalem aufmachen würde.

Gebetsmühlenartig beschwört der Barde die Erinnerungen an vergangene, bessere Tage: "A rose, that is old and dry / and a mirror, that's broken". Trost findet er vor dem Spiegel, denn: "Through these eyes / they come to life again". Weiter gehts durch "Empty Rooms", auf der Suche nach vernünftigen Kompositionen. Doch de Burgh durchwühlt nur angestaubte Papierkörbe.

"The Keeper Of The Keys" will dramatische Oper sein, klingt aber nur nach einem weggeworfenen Notenblatt von Andrew Lloyd Webber. Immerhin: Für Schmunzeln sorgt ein gar schröckliches Gewittergrollen. Unfreiwillige Erinnerungen an 'Mein Bruder Macht Beim Tonfilm Die Geräusche' werden wach. Und fürs Weihnachtsfest stellt Chris schon mal das sanft wiegende "When The Dream Is Over" unter den Baum - vollgepackt mit "Lalalala"-Lieblichkeiten.

Im Interview mit schlagerplanet.com verriet der Ire unlängst: "Mein Kopf ist ein wenig wie ein Garten, und manchmal werden Ideen wie Samen vom Wind zu mir getragen, und dann habe ich plötzlich eine Idee für einen Song". Vielleicht sollte de Burgh auch mal die Anschaffung von ein paar Päckchen Unkrautvernichter in Betracht ziehen.

Trackliste

  1. 1. The Hands Of Man
  2. 2. There Goes My Heart Again
  3. 3. Big City Sundays
  4. 4. Where Would I Be
  5. 5. King Richard
  6. 6. The Candlestick
  7. 7. Through These Eyes
  8. 8. The Keeper Of The Keys
  9. 9. Meridiem
  10. 10. Letting Go
  11. 11. When The Dream Is Over
  12. 12. Empty Rooms
  13. 13. The Bridge
  14. 14. The Fields Of Agincourt
  15. 15. One More Goodbye

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen De Burgh,Chris – The Hands of Man €7,99 €3,00 €10,99

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Chris De Burgh

Über den Musikstil von Chris De Burgh findet man unterschiedliche Angaben. Teilweise ist da von Art-Rock oder auch Progressive-Rock zu lesen - zwei Definitionen, …

9 Kommentare mit 17 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Vielleicht ist das auch eine Alterssache :-) Ich mache seit über 40 Jahren Musik und kann den Verriss jetzt auch nicht so unterschreiben. Kompositorisch manchmal (! nicht immer!) einfach gehalten, aber da wird anderen "Künstlern" hier ab und zu mal mehr nachgesehen. Bleibt nur noch die Instrumentierung und das Arrangement. Das klingt manchmal etwas nostalgisch, aber der gute Chris ist ja auch schon etwas älter. Vermutlich gefallen IHM seine Songs so am besten, beweisen muss er ohnehin nichts mehr :-) 3 Sterne würde ich fair finden, für Fans darf es gern etwas mehr sein, die werden gut bedient.Dieses Zitat, die "zickig sägende weibliche Stimme", ist allerdings Schwachsinn! Das ist pure Polemik! Und David Guetta bekommt 2 Sterne...

  • Vor 9 Jahren

    OMG - wer ist denn da mit dem falschen Bein aufgestanden ? Zumindest hatte er zu wenig Zeit , um ordentlich zu recherchieren. Bei Tender Hands liegen Sie, Herr Schulz, um ein Jahrzehnt daneben, was genau zum Rest Ihres Gewürges passt. Völlig neben der Tonspur und schlecht gelaunt sollte man sich nicht zu einer Kritik hinreißen kassen. Die ist nämlich vollkommen unsachlich, überzogen und stinkt vor Voreingenommenheit. Mit zu wenig Ahnung und noch weniger Achtung vor jemandem, der Seit Jahrzehnten im Musikgschäft ist, kann das nur in die Hose gehen - wie peinlich.

  • Vor 9 Jahren

    Tja, was soll man zu solchem angestrengten, nun wirklich schweißtreibendem Geschreibsel sagen, außer:
    Wer kommt denn da um vor Neid und Missgunst, auf Mr deBurgh und 4 Jahrzehnte Künstler- und Lebenserfolg, weltweite Popularität und selbsterarbeitetes Millionärsdasein, das man bescheidener kaum führen könnte??
    Der Herr Schulz, seines Zeichens vermutlich namenloser Pseudo-Rezensent, der möglicherweise lieber bei der Reklameausgabe seines kostenlos verteilten Sonntagsblättchens bleiben sollte, statt sich an der Vita und den Verdiensten eines Ausnahmekünstlers zu versuchen.
    Er macht dies in einer Art und Weise, die einen an eine Aufführung des Düsseldorfer Kabaretts "Kommödchen" denken lässt, wo es hieß: "Wer schmeißt denn da mit Lehm?" Antwort: Na, der Herr Schulz diesmal, aber so inkompetent, böswillig und phantasielos, dass es wohl dabei bleiben wird...Wie gefällt Ihnen der Lehm, den Ihre Leser auf SIE werfen, Herr Rezensent?!
    Das bisschen eigener wird Ihnen da sicherlich nichts ausmachen, nicht wahr?
    Guter Rat:
    Bleiben Sie bei Ihren Leisten - SIE können nicht, was Sie hier versuchen. Neid, Missgunst und Abneigung sprechen aus jeder Ihrer Zeilen - DAS ist persönlichste Meinung, auf die Sie natürlich wie jeder andere ein Recht haben; jedoch sollten Sie diese nicht der Öffentlichkeit zumuten - BITTE!
    Jeder kann schreiben, aber nicht jeder sollte es tun.

    • Vor 9 Jahren

      laut.de ist Krieg und wenn du dir nicht auf der Stelle die Beine rasierst, wirst du hier drin nicht lange überleben.

    • Vor 9 Jahren

      @cosimawagner:
      Das Stück "Wer schmeißt denn da mit Lehm" der Berliner Kabarettistin Claire Waldoff mit dem ca. 20 Jahre später gegründeten "Kom(m)ödchen" in Verbindung zu bringen, läßt auch nicht gerade auf eine Wertschätzung der Vita und der Verdienste einer Ausnahmekünstlerin schließen ...
      Wenn ein Rezensent nichts mit einer Veröffentlichung anfangen kann, hat er das Recht, diese Meinung kundzutun. Das ist kein Evangelium, das ist kein Dogma, man kann ruhig als Konsument anderer Meinung sein. Von Vorteil wär's natürlich, wenn man diese andere Meinung nicht kundtut, indem man dem Rezensenten den Stinkefinger zeigt, sondern indem man eine gute Begründung dafür liefert, weshalb man anderer Auffassung ist. Ist einfach konstruktiver.
      Gruß
      Skywise