laut.de-Kritik
Die Schwestern zaubern sich weg von diesem Planeten.
Review von Philipp SchiedelEs ist ein fester Bestandteil der Kunst, dass man sich überlegt, wie man wirken und entsprechend auftreten will. Cocorosie sind wahre Meister dieses Fachs und fahren eine ganz eigene mysteriöse Welt auf, um sich dort perfekt zu inszenieren. Eine Welt, in der man Kleider trägt, die aussehen wie eine Mischung aus Squaw und Batik-Hippe, eine Welt, in der man grausige Platten-Cover mit Kinderhand hinkrakelt, und eine Welt, in der man offensichtlich ganz viel leidet.
So konstruiert die Welt dieser zwei getrennten Schwestern auch sein mag, so gut passen ihre eleganten Songs dort hinein. Cocorosie zaubern sich weg von diesem Planeten und klingen, als würden sie ganz weit draußen im Weltall sitzen und dort ihre tragischen Lieder noch einmal singen, bevor diese Erde endgültig untergeht.
Arrogant quäkend oder beseelt flüsternd treiben Cocorosie durch ihren extravaganten Kosmos. Kindisch verarbeiten sie Choräle, Glockenspiele oder schlecht aufgenommene Beats zu einer wunderbar eigenwillig-folkigen Melange. Auf dem verwunschenen Weg zum Indie-Star helfen die - natürlich total angesagten - Buddies Antony, der auf "Beautiful Boyz" einen der ganz großen Höhepunkte dieser Platte abliefert, und Devendra Banheart mit seinem Lautsprecher-Style auf "Brazilian Sun" mit, "Noah's Ark" zu einer der schönsten und eigensinnigsten Platten des Jahres machen.
Feinfühlig hangeln die Schwesterlein von einem komischen Song in den nächsten und zeigen erst nach einiger Zeit ihr wahres Gesicht und Können. Sie sind pathetisch, egozentrisch und schlichtweg herzergreifend. "Noah's Ark" kennt keine Grenzen: von Pferdewiehern bis hin zu Operngesang wird alles zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk arrangiert. Natürlich ist das alles hochgradig kalkuliert - wer sich aber darauf einlässt, der wird von diesen außergewöhnlichen Songperlen mühelos um den Finger gewickelt.
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