laut.de-Kritik
Philosophischer Dance-Pop für Millionen von Jazztanzgruppen.
Review vonJeder Computer-Benutzer, der sich das neue Album von DJ Bobo an seinem Multimedia-Spielplatz anhören will, bekommt vermutlich gleich einen dicken Hals. Die CD kann nämlich nicht in einem PC-Laufwerk abgespielt werden. Eigentlich sollte man ja schon da ernsthaft in Erwägung ziehen, das Teil lieber als Reflektor am Fahrrad oder als Frisbee zu benutzen.
Aber es soll ja doch Leute geben, die sich von solchen Zwischenfällen nicht abschrecken lassen und die erwartet dann wirklich Tiefgründiges auf dem neuesten Werk des Schweizers. Hatte er bei seinem ersten Album die Menschen nur dazu aufgefordert, mit ihm zu tanzen, so wird es hier richtig ernst. Fast schon philosophische Ansätze zeigt er bei Gedanken wie "Reality is so real" (in "Top Of The World").
Die werden dann eigentlich nur noch von seiner gnadenlosen Naivität übertroffen "Du bist nicht allein - die Welt ist eine einzige Familie" (in "Colors Of Life"). Tschuldigung Bobo-Herzchen, aber mal die politischen Ereignisse in der letzten Zeit verfolgt oder heute schon in die Zeitung geguckt? Ja, wir sind alle eine große Familie, haben uns furchtbar lieb, fassen uns an den Händen und tanzen dabei zu deiner Musik. Du bist Optimist. Das ist schön. Aber nachdem die Realität ja schon so real ist, wäre es da nicht schön, wenn auch du ein wenig realistischer wärst?
Aber die meisten in seiner Zielgruppe werden vermutlich eh 'nen Appel und 'en Ei auf die Texte geben. Hauptsache, sie sind schön einfach zum Mitsingen. Und musikalisch leistet er ja auch dieses Mal wieder Großartiges. Wenn dieser postmoderne 90er Dance-Pop nicht wieder Millionen von Jazztanzgruppen auf der ganzen Welt in einen Freudentaumel versetzt, dann weiß ich auch nicht mehr.
Es gibt ein Lied auf dem Album, das wirklich Hitqualitäten besitzt. "What A Feeling" könnte mich unter Umständen davon abhalten, die Scheibe als Reflektor oder Frisbee zu verwenden. Wären da nicht immer diese nervigen Rap-Parts. Aber für dieses Problem gibt es eine praktikable Lösung: die alte Scheibe von Irene Cara rausholen und die von DJ Bobo zur eigenen Sicherheit doch lieber als Reflektor verwenden.
1 Kommentar mit 2 Antworten
Prophetische review. What a feeling landete tatsächlich auf Platz 3 der deutschen Single Charts. DJ Bobo ist natürlich reinster Trash ohne irgendwelchen Tiefgang. Aber die Person Baumann bringts dann doch fertig dass man trotzdem gerne mitfeiert... Bei mir ist das zumindest so.
Der jahrelange Einfluss Deiner musikverwirrten Frau.
Trigger ich dich oder so?