laut.de-Kritik
Heartland-Rock mit rauer Blues-Stimme und viel Seele.
Review von Philipp KauseDana Fuchs erzählt im klassischen Sinne Geschichten, wie man das etwa von Steve Earle kennt: Stories aus Amerika, getränkt von Lebenserfahrung und Unterwegs-Sein. Was in "Blue Mist Road" massive, ölige Rock-Schwere ausstrahlt und auch musikalisch an den trockenen Earle erinnert, wandert in "Save Me" auf Dylans 70er-Pfaden und reiht sich auf "Star" in die aktuelle E-Blues-Thematik ein, erinnert also an Bonamassa, Samantha Fish & Co.
Dana singt über einen existenzialistisch gefärbten Blick auf das Leben, diese "geliehene Zeit", die "Borrowed Time" auf diesem Planeten. Unter diesem Titel lässt sie mit rauer und durchdringender Stimme jenes Gefühl raus, das wir spätestens seit Pandemiebeginn alle kennen: Kontrollverlust, nichts ändern können, aber innerlich dagegen aufbegehren. Die Rhythm-and-Blues-Elastizität im Spiel steuern ihre Kollegen bei, Gitarrist und Ko-Autor Jon Diamond zum Beispiel, der die Elektrische glühen lässt und in "Last To Know" den Black Crowes-Effekt zaubert: Bluesrock, zu dem man sofort tanzen kann.
Dana spielt im Unterschied zu den meisten aktuellen Protagonist*innen des Genres keine Gitarre, lebt aber ihr Rhythmusgespür an der Marschtrommel, der Tambourine, aus. Rund um ihre Begleitband inklusive Keyboards und Mundharmonika mischt Kevin MacKall als dritter Songschreiber und Executive Producer beim Feinschliff mit. Der Rush-Fan verantwortete in den '90ern die Spots von MTV, in denen der Musiksender für eigene Sendungen warb. Mit diesem Erfahrungsschatz im Rücken liegt es nahe, dass die Songs auf Dana Fuchs' CD kompakt und auf den Punkt klingen, so wie gute Werbe-Clips.
Das Ausufernde und Elegische, das sonst den aktuellen Bluesrock auszeichnet, tritt im verschlankten, direkten, druckvollen und kraftstrotzenden straight-on-the-point-Stil dieser Scheibe kaum (nur einmal in "Hard Road") zutage. Akustische Edelsteine wie "Lonely Lie", "Call My Name" und "Nothing You Own" wechseln mit melancholischen Dramen wie "Curtain Close", bei denen man erahnen kann, dass Dana bereits in einem Musical übers Leben von Janis Joplin die Hauptrolle besetzte.
Lineare Southern- und Heartland-Rockmusik ohne Schnörkel, aber seelenvoll ("Save Me", "Double Down On Wrong"), und kantige, schlichte Singer/Songwriter-Musik (im Titelsong) finden sich auf dieser Platte gleichermaßen wie die bluesige Stimmung, mit der man die Künstlerin bisher meist verknüpft ("Blue Mist Road"). Das einzige Video rund ums Album, "Not Another Second On You", adressiert sich mit in die Glieder fahrenden Riffs, mit Härte, hymnischer Hookline, Rotzig-, Staubig- und Kratzigkeit offenkundig an Menschen, die auch gerne Melissa Etheridge hören.
Ich habe Dana vor sehr langer Zeit mit einem hervorragenden Beatles-Cover kennen gelernt, "Don't Let Me Down". Die mittlerweile 46-Jährige lieferte seither weiter stets substanzielle Platten ab, und auch "Borrowed Time" hat durchgängig sehr gute Tracks. Also, weiter rocken!
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