laut.de-Kritik

Die einnehmenden Klänge lassen genug Raum für Fantasie.

Review von

Produktionslegende Daniel Lanois versuchte sich über die Jahre an verschiedenen Genres. Vor vier Jahren hat er eine gemeinsame Platte mit Breakcore-Legende Aaron Funk alias Venetian Snares namens "Venetian Snares x Daniel Lanois" veröffentlicht und zu Rockstar Games' hochgelobtem Outlaw-Action-Adventure "Red Dead Redemption 2" einen Großteil der Musik beigesteuert sowie den Original Soundtrack produziert. Letztes Jahr folgte dann mit "Heavy Sun" ein soul- und gospelbeeinflusstes Werk, für das er eine neue Allstar-Band ins Leben rief. Mit "Player, Piano" erscheint nun ein Piano-Album von ihm. Für das griff ihm Dangerous Wayne Lorenz als Co-Produzent unter die Arme.

Das Spiel des 71-jährigen steht schon im Opener "My All" im Zentrum, das eine warme und melancholische Melodie durchzieht, die von dezenten Orgelklängen und Studioeffekten umrahmt und von einer zweiten Linie harmonisch begleitet wird. Eine gewisse Traurigkeit und Wärme zieht sich auch wie ein roter Faden durch das Werk, das eine Rückkehr zu einigen der emotionalen und klanglichen Lektionen darstellt, die er durch seine Aufnahmen mit Harold Budd in den Achtzigern gelernt hatte.

Mit "Lighthouse" gibt es aber erst mal ein Stück mit viel Orgel, Pianoeinsprengseln und Klängen, die an ein Akkordeon erinnern. Dazu hören wir automatische Bass-Sounds aus dem Suzuki Omnichord. Diese Mischung führt von der Karibik bis irgendwohin. Das Instrument hat ihm Brian Eno vor langer Zeit gezeigt. "Inverness" ist dann aus mehreren Improvisationen zusammengeschnitten und legt sich mit seinen sphärischen Tönen und seiner sanften Melodie wie eine warme Decke über den Hörer.

Ganz anders "Twilight", das mit mysteriösen Orgeleffekten und verhallten Pianosounds eine geradezu neblige und gespenstische Atmosphäre heraufbeschwört. "Eau" lebt dagegen von einer einfachen, an Erik Satie erinnernden Melodie und Tönen, denen etwas Kristallines innewohnt. Dass die Kompositionen laut Lanois auch von einer gewissen "Verletzlichkeit zeugen", macht sich vor allem in "Zsa Zsa" bemerkbar, das in einem Take entstand und ohne irgendwelche Manipulationen und Klangbearbeitungen auskommt, so dass er jegliche Distanz zum Hörer aufhebt und der weiche Klang des Klaviers besonders gut zur Geltung kommt. Den haben er und Dangerous Wayne Lorenz dadurch erzielt, indem sie etwa Geschirrtücher nutzten, um die Saiten zu dämpfen.

Etwas Süßlicheres hat "Sweet Imagination", das mit perlenden Pianosounds ganz in der Tradition Harold Budds steht. "Cascade" besitzt demgegenüber durch das fantasiereiche Klavierspiel mehr etwas von den versponenen Klangwelten Kate Bushs, mit der der Kanadier Mitte der 80er-Jahre für Peter Gabriels "So" zusammenarbeitete. "Sunday Asylum" sorgt schließlich mit gedämpften Akkorden und Field Recordings zu Beginn sowie einer verletzlichen Melodie und Drones am Ende für einen nachdenklichen Abschluss.

Man hört der Platte deutlich an, dass sich Daniel Lanois während den Aufnahmen in "unterschiedliche Welten" hat transportieren lassen. Sie fungiert als einnehmende und angenehm unaufgeregte Momentaufnahme, die genug Raum für die Fantasie des Hörers lässt.

Trackliste

  1. 1. My All
  2. 2. Lighthouse
  3. 3. Inverness
  4. 4. Parade
  5. 5. Twilight
  6. 6. Puebla
  7. 7. Eau
  8. 8. Zsa Zsa
  9. 9. Clinch
  10. 10. Sweet Imagination
  11. 11. Wild Child
  12. 12. Cascade
  13. 13. Sunday Asylum

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