laut.de-Kritik
Als würden sich Strapping Young Lad mit M.A.N prügeln.
Review von Michael EdeleNach dem schweren Unfall Ende 2007 und dem anschließenden Tod von Drummer Vitek waren Decapitated so gut wie am Ende. Dass Gitarrist Vogg die Band noch mal reformieren und auf Touren bringen würde, war damals kaum abzusehen. Nun melden sich Decapitated mit (nicht mehr ganz so) neuem Line-Up und neuer Scheibe zurück.
Wow, der Opener "The Knife" brettert jedenfalls mit der Macht und Brachialität über einen herein, als hätten sich Strapping Young Lad mit M.A.N geprügelt und dabei ihre Instrumente in der Hand behalten. Dass man nicht mehr zum typischen, technischen Death Metal gehört, liegt zum einen natürlich am neuen Shouter Rafal Piotrowski, der auf "Carnival Is Forever" keine Growls verwendet, sondern sich auf derbe Shouts konzentriert, die hin und wieder auch etwas variabler hätten ausfallen können.
Damit werden sie möglicherweise den einen oder anderen alten Fan gehörig vor den Kopf stoßen, zumal man sich auch fragen muss, wie Rafal die alten Songs interpretieren wird und ob der Kerl auch in Sachen Growls was auf dem Kasten hat. Doch nicht nur der neue Fronter wird sich in Zukunft zum Knackpunkt entwickeln, der darüber entscheiden, wie sich die alten Fans der Band gegenüber verhalten.
Auch die neuen Songs vom letzten Urmitglied Vogg dürften für Erstaunen sorgen. Die sind mittlerweile nämlich deutlich moderner ausgerichtet und erinnern nicht selten an die Mischung der oben genannten Bands mit einem zusätzlichen Schuss Mnemic und Meshuggah. Gerade der Titeltrack erinnert eingangs schwer an die Schweden und ihren weitgehend auf Rhythmik ausgelegten Sound.
Keine Frage, der technische Aspekt der Songs ist immer auf extrem hohem Niveau angesiedelt. Das verlangt Drummer Krimh und dem mittlerweile wohl schon wieder ausgestiegenen Vesania-Basser Heinrich manch eine Höchstleistung ab, die man der Scheibe bestens anhört. Dafür sorgt auch der transparente aber druckvolle Mix, für den Daniel Bergstrand (Behemoth, Dimmu Borgir) verantwortlich ist.
Mir jedenfalls schmeckt die neue Backmischung ausgesprochen gut. Der Opener rasiert wie erwähnt gleich mal eine breite Fläche von der Murmel über die Rückenbehaarung bis runter zum Arsch. Das ist hart, brachial, schnell, modern und auf technisch hohem Niveau. Zumal Vogg die Death Metal-Komponente nicht ganz außen vor lässt, wie so manches Riff bereits in "United" beweist. Gebremst wird woanders ...
Doch auch ruhige Töne haben mittlerweile ihren Weg in den Decapitated-Kosmos gefunden. Sowohl der Einstieg des fast neunminütigen Titeltracks, als auch der von "A View From A Hole" ist mit akustischen Gitarren gestaltet, das abschließende "Silence" besteht sogar zur Gänze nur aus akustischer Gitarre und setzt einen ruhigen Schlusspunkt. Das erweitert das musikalische Spektrum noch einmal enorm und beendet ein bärenstarkes Album.
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