laut.de-Kritik

Der Großtat folgt die Selbstdemontage.

Review von

Es wäre wohl das Klügste, sich mit dieser fünf Tracks beinhaltenden EP gar nicht lange abzugeben. Immerhin handelt es sich hier jedoch um ein Produkt der ehrenwerten Firma Deep Purple, die unlängst mit ihrem vermeintlich letzten Longplayer "inFinite" noch einmal eine Großtat im Bereich des klassischen Hard Rock abgeliefert hat. Damit wäre an sich alles erledigt gewesen.

Aber offensichtlich reichen den Herren oder der Plattenfirma die Umsätze der LP noch nicht, um alle Zahnarztrechnungen und was sonst im fortgeschrittenen Alter so anfällt zu begleichen. Also schieben sie noch eine EP mit dem Album-Track "Johnny's Band" und ein paar bisher unveröffentlichte Fingerübungen hinterher, nachdem schon im Vorfeld Ähnliches mit "All I Got Is You" geschehen ist. Erschien schon die erste Maxi fragwürdig, ließ sich aber immerhin noch als Appetizer für das folgende Album rechtfertigen, so wirkt diese jetzt völlig überflüssig.

Zum einen ist der Titeltrack fast das schwächste oder zumindest gewöhnlichste Stück von "inFinite" und lebt nur von seinem rührselig-nostalgischen Text. Die vier Beigaben grenzen dann an - bitte um Verzeihung - Fan-Verarsche. Der zweite Track lässt nur Bass, Schlagzeug und Orgel hören.

Die folgenden im Jahr 2013 in irgendeinem Schwedenkaff aufgenommenen Konzert-Klassiker "Strange Kind Of Woman" und "The Mule" sind den sensationellen Live-Aufnahmen des legendären Konzertwerkes "Made In Japan" von 1972 in Länge und Ausführung so hoffnungslos unterlegen, dass man bitterlich weinen könnte. Das letzte, viel aktuellere Live-Stück "Hell To Pay" geht zwar vor allem wegen Don Aireys Keyboard-Arbeit gerade noch in Ordnung, lässt aber erahnen, wie sehr die Stimme des früheren Goldkehlchens Ian Gillan inzwischen abgebaut hat.

Vielleicht sollte die kommende 'The Long Goodbye'-Tour gar nicht mehr so 'long' dauern, um eine unnötige Selbst-Demontage zu vermeiden. Irgendwann ist ja mal gut. Dann könnte der superbe Gitarrist Steve Morse auch einmal wieder Projekte und Platten machen, bei denen er sich ganz losgelöst von Ritchie Blackmore-Vorgaben vollständig selbst verwirklichen darf. Für mich jedenfalls bedeutet diese EP so etwas wie einen endgültigen Abgesang. Thank you and goodbye, Deep Purple. It was a long and wonderful trip!

Trackliste

  1. 1. Johnny's Band
  2. 2. In & Out Jam
  3. 3. Strange Kind Of Woman (Live in Gaevle)
  4. 4. The Mule (Live in Gaevle)
  5. 5. Hell To Pay (Live in Gaevle)

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