laut.de-Kritik
Eine kräftige Mischung aus Metal und Western.
Review von Michael EdeleWenn ganz entfernt eine Glocke läutet, dann hat das weniger damit zu tun, dass ihr immer noch in den Federn liegt, das Kopfkissen im Gesicht habt und den Wecker oder die Haustür konsequent ignoriert. Wer bei den Namen Dezperadoz und Alex Kraft ins Grübeln gerät, der erinnert sich vermutlich an die Desperados-Scheibe "The Dawn Of Dying" die Alex mit Unterstützung von Tom Angelripper 1999 aus der Taufe gehoben hatte.
Auch ich hatte die Band eigentlich eher als einen Onkel Tom-Ableger in Erinnerung, tat Alex und seinen Jungs damit im nachhinein aber Unrecht. Nachdem sich die Desperados zwischenzeitlich aufgelöst hatten, macht Alex nun mit stark verifiziertem Line-Up unter dem leicht veränderten Logo Dezperadoz weiter. An der musikalischen Marschrichtung hat sich allerdings nichts verändert und so präsentiert uns der Mann auch 2006 eine kräftige Mischung aus Metal und Western (im Neudeutschen auch Country genannt).
Stilecht beginnen sie die Scheibe mit einem beinahe klassischen Soundtrack, der Alex' Vorliebe für Ennio Morricone an keiner Stelle verheimlicht. Die Straße ist wie leergefegt, nur zwei Männer stehen sich gegenüber und beide warten darauf, dass der andere zu seinem Colt greift. Stattdessen geht der Griff zur Gitarre und "Dust Of History" rockt in bester Black Label Society-Manier durch die Wüste. Wyatt Earp und seine Brüder tragen ihre berühmte Schießerei am O.K. Corral aus.
War auf dem Debüt noch der Sodom-Fronter für den Gesang zuständig, hat Alex diesen auf "The Legend And The Truth" beinahe komplett allein übernommen. Das war eine der besten Entscheidungen, denn der Kerl hat eine satte Reibeisenstimme, die aber auch schon mal sanfte Töne anschlagen kann, wie in der richtig starken Ballade "Deadman Walkin'". Man mag sich ein wenig wundern, warum so früh schon ein ruhiger Song kommt, doch immerhin halten sich die Dezperadoz an eine Storyline.
Da passt natürlich auch ne Coverversion von "Rawhide" rein oder ne Metal-Squaredance-Nummer wie "Hellbilly Square". Allerdings hat Alex auch dieses Mal ein paar namhafte Kollegen als Hired Guns gewinnen können. So reitet Tobi Sammet neben ihm in "March To Destiny" in den Sonneuntergang, während ihm Joacim Cans am "O.K. Corral" gegenüber steht und mit Blei spicken will. Ob das wohl noch aus Oscars Blechrüstung stammt? Letzterer Song kommt eigentlich ohne musikalische Westernzitate aus und rockt ähnlich nach vorn, wie schon "Dust Of History" oder auch "Look Into The Barrel Of My Gun".
Auch die deutsche Metalqueen Doro steht den Revolverhelden bei "Earp's Vendetta" zur Seite. Doch es fällt mir schwer, ihre Stimme wirklich rauszuhören. Dafür darf die ganze Bagage in "Echoes Of Eternity" noch Mal ran, wo auch der Weiki die Gitarre schwingt, was er schon bei "First Blood" getan hat. Die Nummer greift das Thema des Intros wieder auf und macht sie Sache somit rund, wie die Trommel eines Revolvers. Be quick or be dead!
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