laut.de-Kritik
Dick This!
Review von Alexander CordasJetzt gibt's auch eine DVD des Braven Dick aus Kanada. Hihi, der ist ja gar nicht aus Kanada, haha, das tut nämlich der Sasha aus dem langweiligen Soest sein tun, huhu, lach, ja wie witzig ist das denn! Gut, nachdem wir uns ausgiebigst die Schenkel geklopft und das Zwerchfell gezerrt haben, ist der Gag auch schon um die Ecke, abgefrühstückt und kalt.
Dass Herr Schmitz den Großteil des Extramaterials der Disc damit bestreitet, der Welt den Grizzly-Bären der Dick Brave-Biografie aufzubinden, sorgt irgendwann nicht einmal mehr für ein leichtes Zucken in den Mundwinkeln. Denn wie wir mittlerweile auch von Norwegen wissen: Kanada ist ziemlich lang und weilig. Punkt.
Ist egal, denn Dick und seine Backbeats ziehen mit "Live At The Limelight" eine recht ordentliche Wurst vom Teller. Mag der Papst des guten Geschmacks ob Sashas Schmusepop ruhig den musikalischen Bannstrahl verhängen, ihn exkommunizieren, ihn zum Teufel wünschen. Schmitz selbst geht das wohl meilenweit am Knackarsch vorbei, und das zu Recht. Mit seiner Begleitband, die bei den Extras ausgiebigste Erwähnung erfährt, stellt er eine Live-Performance auf die Beine, die absolut professionellen Standards genügt und genug Raum für spaßiges Entertainment lässt.
Die insgesamt 23 Tracks wurden - mit zielsicherem Stilgefühl - im schmucken Limelight zu Köln Junkersdorf aufgenommen, das seit 1999 wieder im Glanz der 50er erstrahlt. Das anwesende Publikum gab sich in Feierlaune besonders enthusiastisch und verleiht dem Auftritt die verdiente Party-Atmosphäre. Quasi als Sahnehäubchen obendrauf servieren die Verantwortlichen gelungene Kameraeinstellungen mit feinen Schwenks über die Köpfe des Publikums hinweg. Zu den von "Dick This" bereits sattsam bekannten Hit-Interpretationen gesellen sich weitere fünf Songs ("Just A Gigolo", "Stay", "Sh Boom", "Backbeat Boogie" und "Americano") und runden mit der stimmigen Darbietung ein mehr als nur zufriedenstellendes Programm ab.
Auf der Bühne beweisen Sashas Jungs, dass sie nicht nur Hampelkasper für einen Popstar auf Selbstfindungstrip sind. Versiert und spielfreudig spulen sie ihre Retrospektive ab, wobei sie sich zusammen mit dem Möchtegern-Kanadier eher als musikalische Einheit präsentieren, denn als Anhängsel. Bis zum Abgang nach knapp eineinhalbstündiger, keimfreier Rock'n'Roll-Show, können die tapferen Rücktakte auf ganzer Linie begeistern. Daumen hoch.
Der zweite Part der DVD mit allerlei Fernseh-Klamotten überzeugt jedoch nur bedingt. Wer Charlotte Roche ab kann, wird sich an ihrer Schwachmatik erfreuen. Schmitz blubbert ähnlich sinnbefreit wie das hässliche Viva-Entlein, man kennt das von diversen untertänig interviewten Größen aus ihrer Pflunzen-Show Fast Forward. Charlotte und Dick beim Autofahren, Charlotte und Dick beim Angeln, Dick und Charlotte beim Fische grillen undsoweiterundsofort.
Nach der ganzen Charlotterei denkt der Malträtierte dann, es wäre endlich vorbei, aber nix da. Ein Besuch in des Musikers Haus steht auch noch auf dem Programm. Der einzige Lacher hier sind die gefaketen Interview-Kommentare zu Dick Brave von Steven Tyler ("Schade, dass es Dick und die Backbeats nicht mehr ausgehalten haben"), Bruce Springsteen ("Er hat die Rock'n'Roll-Bands wieder entdeckt") und Madonna ("Einer der besten Acts, die ich je gesehen habe, es macht mich wirklich traurig, dass er aufhört"). Im komplett charlottierten Delirium überskippt der dem Hirntod Nahestehende hilflos die unwitzigen Outtakes.
Nächster Stopp: TV Total mit Grand Prix-Komponist Stefan Raab. Die Nachzeichnung der Karriere der Dick Braves von simplen Gästen bis zum umjubelten Vierer-Wok Weltmeister erfolgt in allen Einzelheiten, inklusive penetranter Moderation von Sat1-Liebespflaume Kai. Wie bereits erwähnt, hält sich hier der Hauerhahihi-Faktor diskret im Hintergrund. Einmal gesehen, genug gesehen.
Netter sind da schon die Clips und das Making-Of des Walk This Way-Videos, auch wenn Sasha dort zum wiederholigsten Mal den Werdegang des Dick Brave erzählt. Ja klar, Erfolg Ende der Achtziger, Auflösung der Backbeats und Job bei der Army, Stationierung in Soest, inklusive Begegnung mit einem erfolgreichen deutschen Schmusepopper ("Isch kenn him from Soest", "vielleischt mit dem falschen Musik"). Wer dabei noch nicht eingeschnarcht ist, kann sich die unter "Special Offers" abgelegten Hockey-Cards ausdrucken, zu www.dickbrave.com surfen oder sich ein schnuckeliges T-Shirt bestellen.
Die Menüführung ist - in konsequenter Verfolgung der Chimäre - komplett auf Englisch und macht das Navigieren etwas umständlich, denn wer vermutet hinter "Hot Cook Special" schon den Vorlauf der Viererwok-WM? Trotz des mancherorts zu arg auf Gackerei schielender Aspekte ist dennoch alleine die Konzertaufzeichnung mehr als sehenswert. Dick This!
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