Porträt

laut.de-Biographie

Doctorella

"Ich träum vom echten Leben / Dem Lebend er Bohème / Dem Wahnsinn entgegen / Alles ganz anders sehen."

Die Frau in der Musik: Folge 5: Punk, Post-Punk, New Wave Aktuelle News
Die Frau in der Musik Folge 5: Punk, Post-Punk, New Wave
2017 ist jeder Tag Frauentag, mit 365 Interpretinnen und Bands, sortiert nach Genres. Heute mit Vorreden von Dennis Lyxzén (Refused) und Doctorella.

Kerstin und Sandra Grether widmen sich vor allem der (Un-)Möglichkeit von Liebe in Zeiten von Postironie, Postmoderne und Popfeminismus. Als Doctorella lädt das Quintett aus Berlin und Leipzig, das auch Konzerte im Duo Set (Sandra und Kerstin) gibt, zum Diskurs darüber, was clevere Popmusik heutzutage überhaupt alles darf oder soll: Darf eine informierte und sendungsbewusste Band gezielt auf Chanson, NDW und soften Pop setzen? Oder ist dieser Bruch mit der üblichen Indie-Stilpalette nicht geradezu notwendig, um aus dem affirmativen Mediengleichstrom aufzuwecken? Wie viel aufrichtiger Liebesglaube und Bewunderung fürs andere Geschlecht auf Textebene sind noch kompatibel mit einer Haltung, die Stereotypen, Genderkonformität und Privilegien gerade beim Paarungstanz aufdecken will? Bei Doctorella muss man sagen: Die dürfen eigentlich alles.

Denn Doctorella referieren stark auf Susan Sontags einflussreichen Essay "Notes On Camp". Von den smartphonegefilmten Musikvideos der Grether-Schwestern über das exzessive Spiel mit einer mädchenhaften Naïveté sind Doctorella durch und durch campy. Visuelle, musikalische und textliche Elemente setzen auf ein Jenseits vom Augenzwinkern, wo aus Parodie etwas Wahrhaftes geschöpft werden kann. So entstehen relevante gesellschaftskritische Kommentare zur Zeit.

Eine weitere entscheidende Rolle bei der Verortung ihres Art Pops, den sie selbst als Synthie-Rock-Chanson-Folk-Americana-Pop bezeichnen und der bisweilen auf Blumfeld, die Lassie Singers, Stereo Total, Ideal und Schnipo Schranke verweist, spielt der persönliche Hintergrund der beiden Akteurinnen. Kerstin Grether holte als Redakteurin des Musikmagazins Spex schon seit den 1990ern den Popfeminismus und die amerikanische Riot Grrrl-Bewegung in die deutschen Feuilletons. Sandra wiederum schreibt gelegentlich ebenfalls für die Spex. Schon 1998 gründet sie zudem in Hamburg die erste deutsche Riot Grrrl-Formation Parole Trixie. Gemeinsam engagieren sich die Geschwister aktivistisch mit Protestaufrufen wie dem "Slutwalk", "Pink Stinks" oder als Teil des "Team Gina Lisa" wider misogyne Strömungen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft.

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"Meine Methode arbeitet mit dem Unbewussten, und sowas liebe ich ja", sagt Kerstin Grether dazu lakonisch. Neben Gitarren und Synthies greifen sie und Schwester auch auf Akkordeons, Ukulelen und Bläser zurück. Beim Debüt "Drogen Und Psychologen" (2012, Zickzack) sind Jens Friebe und Andreas Spechtl von Ja, Panik involviert. 2016 erscheint der Nachfolger "Ich Will Alles Von Dir Wissen" über das selbstgegründete Label Bohemian Strawberry. Annette Humpe als stilbildene NDW-Vertreterin ist diesmal nicht nur erneutes Vorbild der Grethers, sondern steht dem Zweier auch persönlich mit Inspiration und Ratschlag bei. Babyshambles und Amy Winehouse finden Sandra respektive Kerstin ebenfalls gut.

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Mi 06.11.2024 Hamburg (Hafenklang)
Fr 08.11.2024 Wetzlar (Franzis)
Sa 09.11.2024 Köln (King Georg)
So 10.11.2024 Wiesbaden (Schlachthof)
So 17.11.2024 Hannover (Feinkost Lampe)
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