laut.de-Kritik

Großvater Synthie-Pop, schillernd geliftet.

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Spätestens seit letzter Woche dürfte es die ganze Republik wissen: die Wild Boys sind wieder raus aus dem Käfig. Grund: die Kult-Popband beehrte Stefan Raabs quotenträchtige Late Night Show. Schon seit Wochen jetten Simon Le Bon und Co. ohne Rücksicht auf ihr Alter quer über den Erdball, um der Weltpresse kund zu tun, dass sie sich nicht nur alle Fünfe wieder lieb, sondern auch noch ein neues Album aufgenommen haben. Etwa um das Jahr 2001 begab es sich nämlich, dass auch die zwischenzeitlich ruhmabstinenten drei Taylors nach 19 Jahren wieder Bock auf Rampenlicht hatten.

Anscheinend war dem Quintett von Anfang an bewusst, dass ein peinliches Comeback-Album die Folgeschäden kaum verringert, die ihre stilprägend hawaiibunte Garderobe der 80er Jahre bis heute angerichtet hat. Deshalb bastelten Duran Duran beinahe zwei Jahre an "Astronaut", luden Gäste ein und wieder aus und sicherten sich die Dienste zahlreicher Star-Produzenten wie Rich Harrison (Beyoncé, Usher) und Don Gilmore (Avril Lavigne, Linkin Park), um bloß nicht den Sound-Anschluss an die Jetzt-Zeit zu verpassen. Der ja irgendwo wiederum ihr eigener ist.

Tatsächlich klingt "Astronaut" genau so, wie man sich ein Sound-Update der perfektionistischen Pop-Dandys eben vorstellt: an keiner Stelle der auf den Punkt produzierten Platte entdeckt man Störgeräusche oder sonstige neuzeitliche Sound-Errungenschaften, alles klingt elektronisch stubenrein und hitsicher. Und allzu oft belanglos. Fairer Weise muss aber angemerkt werden, dass Duran Duran auch in ihrer Jugend nie über die volle Album-Distanz begeisterten. Immer tummelte sich reichlich Füllmaterial neben Glanztaten wie "The Reflex" oder "Hungry Like The Wolf".

Dass nun die aktuelle und eher platt geratene Single-Auskopplung "(Reach Up For The) Sunrise" als würdiger Nachfolger des Klassikers "New Moon On Monday" angepriesen wird, ist natürlich kompletter Unfug. Schon die wenig tiefschürfenden Eingangszeilen verheißen nichts Gutes: "Now the time has come, the music's between us". Die Musik, die Sänger Le Bon meint, ist ein Lifting von Großvater Synthie-Pop, schillernd aufgemotzt mit den altbekannten Links zu Funk und R'n'B. Zugegeben, hier kommen nun tatsächlich die Vorbilder von Kapellen wie Zoot Woman, The Killers oder den Scissor Sisters mit neuem Material angerauscht.

Dies allein entschuldigt aber keine songwriterischen Schwächen, wie sie zumindest auf Le Bons und Rhodes' Duran Duran-Platte "Pop Trash" von 2000 kaum vorkamen: Der müde R'n'B-Funk von "Bedroom Toys" ist frech, schale Popsongs wie "Astronaut" oder das in Teilen an Madonnas "Papa Don't Preach" erinnernde "Want You More!" nicht minder, während das Qualitätslevel von "Taste The Summer" bereits im Titel angekündigt wird. Dennoch ist da noch immer Le Bon, an dessen stimmlichem Ausdrucksvermögen scheinbar sämtliche Exzesse schadlos vorbei schrammten.

Songs wie "Point Of No Return" oder die Uptempo-Nummer "Nice" retten maßgeblich seine Melodielinien. Und ab und an blitzt die alte Genialität in vollem Umfang auf: Allen voran in "What Happens Tomorrow" mit geiler Taylor-Gitarre oder im coolen "One Of These Days". Auch die ruhigeren Nummern "Chains" und "Finest Hour" stehen klar auf der Habenseite. Sie hätten sich einfach nicht so gegen den Gitarreneinsatz sträuben sollen, die alten Elektro-Fuzzis. Und diesen Usher-Produzenten hätten sie sowieso gleich draußen lassen sollen.

Ob "Astronaut" nun im internen Charts-Battle gegen Robbie Williams gewinnen wird, für den seit kurzem Ex-Duranie Stephen "Tin Tin" Duffy komponiert, darf bezweifelt werden. Doch wie sagte Nick Rhodes kürzlich im LAUT-Interview? "Wir wollten einfach ein klassisches Duran Duran-Album machen." Auftrag ausgeführt.

Trackliste

  1. 1. (Reach Up For The) Sunrise
  2. 2. Want You More!
  3. 3. What Happens Tomorrow
  4. 4. Astronaut
  5. 5. Bedroom Toys
  6. 6. Nice
  7. 7. Taste The Summer
  8. 8. Finest Hour
  9. 9. Chains
  10. 10. One Of Those Days
  11. 11. Point Of No Return
  12. 12. Still Breathing

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