laut.de-Kritik
Die einzig klirrende Klinge ist das rostige Schwert des Versagens.
Review von Ulf KubankeProgrocker und Metal-Acts sind oft große Freunde des Konzeptalbums als Geschichtstunde. Der begeisterte Hobbyhistoriker Frank Bornemann lebt diesen Hang auf dem neuen Eloy-Werk "The Vision, The Sword And The Pyre (Part 1)" gehörig aus. Das Grundthema ist durchaus interessant. Es geht um den Hundertjährigen Krieg im Allgemeinen und Jeanne d'Arc im Besonderen. Doch Bornemanns Leidenschaft ist einmal mehr des Hörers Leidwesen. Die einzigen Klinge, die hier Klirrt ist das rostige Schwert des Versagens.
Eine faszinierende Rockoper sollte es werden. Wohlan, so ziehen Eloy aus ins Horus Studio zu Hannover. Dort spielt die Band ihre mit Abstand aufwendigste Produktion ein. Als Gäste stehen unter anderem ein kompletter Kinderchor und Sängerin Isgaard zur Seite. Besonders die letztgenannte Kitsch-Klassikpop-Chanteuse (u.A. Schiller) passt hervorragend ins Bild. Wie Bornemann ist sie eine Meisterin im Fabrizieren opulenter Nichtigkeiten.
So ist das wenige Gute rasch erzählt: Handwerklich kann man den Verrichtungsgehilfen Frank Bornemanns nicht am Zeug flicken. Alle Vorgaben setzen sie formvollendet um. Doch die Oper beginnt vom Prog her zu stinken. Kompositorische, ästhetische und gesangliche Mängel des Eloy-Kopfes sind derart eklatant: Hätte die Jungfrau von Orléans diese Platte wiederholt hören müssen, sie wäre womöglich freiwillig auf den Scheiterhaufen gesprungen.
Echte Dramaturgie gibt es nicht. Als Prog-Scharlatan spiegelt das Album stattdessen einen Spannungsbogen vor, der in Wahrheit nicht existiert. Besonders etliche Anfänge der zwölf Stücke geben sich bedeutungsschwanger und verheißen dem Hörer ein reichhaltiges Festmahl, dass sich Lied für Lied ausnahmslos als fade Kartoffelsuppe entpuppt.
Sehr anschaulich zeigt sich dies in "Early Signs... From A Longed-For Miracle". Mit niedlicher Spätmittelalterflöte und Erwartung schürender Einleitung geht es los. Schon nach wenigen Minuten endet die Illusion mit einem inspirationslosem Rockriff und altbackenem Bombast. Es klingt, als hätten Eloy sich der frühsiebziger Papierkörbe echter Genies wie Genesis oder Jethro Tull bemächtigt, um daraus eine zweitklassige Totgeburt zu stricken.
Wie gewohnt serviert Bornemanns Gesang die körperlosesten, blutärmsten und sterilsten Vocals seit es Art und Prog gibt. Diesmal erreicht sein stimmlicher Vortrag leider den negativen Zenit. Im Kontrast zu den Gastsängern, wie etwa in "The Prophecy" oder "Vaucouleurs", klingen seine Zeilen schwachbrüstiger und uncharismatischer denn je. Selbiges gilt für die meist hingeleierten Spoken Word-Passagen. Das Gebotene ist dermaßen ernüchternd, sogar das Pferdegetrappel auf "The Ride By Night... Towards The Predestined Fate" hat mehr Volumen als der Hannoveraner.
Als Krönung des Abträglichen thront im Zentrum "Chinon". Die Nummer könnte mit ihrem putzigen Arrangement archaischer Instrumente so schön sein. Leider zerhacken Eloy den bunten Teppich mit cordhutigem Durchschnittsrock und einer ebenso überlangen wie nichtssagend intonierten Sprechgesangs-Einlage, die der englischen Sprache auch phonetisch keinen Gefallen erweist.
Wenn dieser Homunculus einer Rockoper dann verklungen ist, bleibt zwar kein einziges Stück im Ohr. Dafür jedoch die bange Gewissheit eines bereits angekündigten zweiten Teils. Doch vielleicht hat das Publikum Glück und Eloy lassen sich hierfür - wie der besungene Waffengang - ebenfalls 100 Jahre Zeit.
29 Kommentare mit 67 Antworten
Haha, dass das mal von vorneherein keine Kubanke-Band ist, das ist ja glasklar. Frage mich, warum er die Rezi überhaupt übernimmt. Aber klammheimlich muss ich ihm in diesem Falle recht geben. Ich finde SOWOHL das öde, ausgelutschte Thema als auch die Umsetzung zumindest ermüdend. Aber keine Sorge, Herr Kubanke, der Horror geht weiter. Es droht Teil 2. Die Rezi geht dann latürnich ebenfalls an Sie!
Ulf ist erfahren mit Schimpfe von Borni.
ob das jeweilige album, was taugt oder nicht, weiß man erst hinterher. hätte ja auch ein meisterwerk sein können.
was ist denn eine "kubanke-band"? schönes wort
im progbereich und review-segment dann wohl opeth, wilson, yes oder gabriel und etliche mehr.
theoretisch also auch eloy.
Nun ja, beispielsweise wenn man einen altgedienten Musiker, der ja nicht nur Mist verzapft hat, "Prog-Scharlatan" nennt und seine langjährigen Gefährten als "Verrichtungsgehilfen" bezeichnet, dann ist die Eloy-Theorie relativ dünn. Der Respekt allerdings wohl auch
bitte richtig lesen: ich bezeichne nirgends herrn bornemann als prog-scharlatan. ich bezeichne lediglich das album so. vielleicht wird teil II ja besser.
und das launig dem bgb entlehnte "verrichtungsgehilfe" beinhaltet keine negative konnotation. es illustriert einfach die rollenverteilung zwischen "mastermijnd" und weisungsgebundenen eher musikhandwerklich tätigen projektmitarbeitern. das könnte man über roger waters mitstreiter auf seinen soloplatten und gigs auch sagen.
und ja: der respekt vor dem jeweiligen menschen ist immer da. vor dessen angebotener kunst und dem jeweiligen album aber nur von fall zu fall. das hat ja der musiker selbst in der hand.
Meinen Interpretations-Fehler muss ich eingestehen, Scharlatan hin oder her. Sätze wie "Wohlan, so ziehen Eloy aus ins Horus Studio zu Hannover" zeugen aber auch von einer gewissen Unkenntnis. Horus wurde von Bornemann gegründet und dort hat er im Laufe der Zeit ne Menge Bands ausser seiner eigenen produziert, auch 'Artfremdes' wie die Guano Apes, Revolverheld etc. Des weiteren: Scorpions, Helloween etc. Das Meiste hat er zwar inzwischen abgegeben, aber das Ding ist immer noch sein ureigenes Zuhause Just info. Trotzdem: das Johanna Ding ist wirklich schwer zu ertragen
"dort hat er im Laufe der Zeit ne Menge Bands ausser seiner eigenen produziert, auch 'Artfremdes' wie die Guano Apes, Revolverheld etc. Des weiteren: Scorpions, Helloween"
ich hasse ihn.
Ich denke, dass hier einige kranke Geister unterwegs sind. Aber das ist ja das tolle, durch die Polarisierung, wird kräftig Werbung gemacht.
Aussagen wie "ich hasse ihn" oder "ungehört 1/5" zeigen mir nur, was da für ein Niveau herrscht. Das geht schon in Richtung unterirdischster Propaganda a la A** (der Klimawandelleugnungspartei)
Schade, dass man damit auch noch Geld verdienen kann.
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie gerade Musiker sich positiv über Eloy's Werke äußern, sogar sie als einen Einfluss erwähnen.
Die Kritik über das Englisch kann ich übrigens auch nicht nachvollziehen - ich habe viele Arbeitskollegen in den USA und England, und da gibt es durchaus einige "native speaker", die ein schlechteres Englisch haben. Und man höre sich mal Hogarth an, der verfehlt auch manchmal das 'th'
Wer eine sachliche Kritik und nicht Künstlerverachtende Rezi lesen möchte, findet diese auf "Markus' Heavy Music Blog". An Herrn Kubanke sei die Empfehlung gerichtet doch mal einen Arzt aufzusuchen.
"Schrott bleibt Schrott." - Oskar aus der Sesamstraße
Und wieder ein Träger des Schwarzen Gürtels in "mimimi".
Sachliche Kritik - echt jetzt? Zitat:
"Based on all this it’s useless to talk about some of the songs more specifically. This would not live up to the idea of the album. It’s impossible to describe some puzzle pieces for giving people an idea of how the entire picture looks like. "
Ah ja
Welcome back Eloy. Ich freue mich auf Teil 2. [Der Autor hat das Thema verfehlt. Setzen. Sechs.]
Genau das ist es! Voll daneben, und vom Ton her gar bösartig! Das hat in einem seriösen Magazin wahrhaftig nichts zu suchen.
laut.de 'seriös'?
Liebe RMB GMbH,
Wenn Dir mein kleiner Text den Eindruck verschafft, dass wir beide uns musikphilosophisch womöglich an den entgegengesetzten Enden des Wahrnehmungs- und Meinungsspektrums befinden, mag ich Dir diesbzgl. nicht widersprechen.
Dem ist wohl so.
Liebe Herr Kubanke, ich schreibe Ihnen was damit Sie sich freuen können. Ich habe ihr wirre Entgleisungen gelesen und denke Sie sollten doch besser Angler oder Landwirt werden. Vielleicht noch Tischler! Frank´s Album ist sowohl musikalisch als auch künstlerisch eines der Besten in der Musikgeschichte. Schauen Sie sich mal die Bewertungen der "echten Musikkenner" an, hier wird dieses Meisterwerk in höchsten Tönen gelobt. Für mich ist es eines der Besten 10 Doppelalben aller Zeiten!
Höre das Album jetzt seit der Veröffentlichung regelmäßig immer mal wieder und es gefällt mir vor allem wegen seiner Intensität und "Dichte" immer besser. Klar, es hat nicht die "treibende Kraft" wie ganz frühe Werke (man denke an "Poseidon's Creation" von "Ocean"). Und die Stimme meines Helden Frank B. ist auch merklich schwächer geworden. Aber andererseits ist so ein Album sicher auch deutlich zu komplex, um bei "oberflächlichen Überfliegern" wie U.Kubanke überhaupt "ankommen" oder "durchdringen" zu können. Aber wer sich in dieser Zeit des grassierenden "Modernitätswahns" trotzdem mal auf so etwas einlässt, erlebt sicher glückliche Momente beim Hören. Die beiden besten Stücke dazu sind aus meiner Sicht "The Call" und "Chinon". Gut gemacht F.B.!!