laut.de-Kritik
Liebe, Sex und Zärtlichkeit.
Review von Alexander SeltenreichIm Gegensatz zum hochgelobten, aber mitunter schwer verdaulichen Vorgänger schaltet die First Lady der Soulquarians-Crew auf dem zweiten Teil ihrer "New Amerykah"-Reihe nun einen Gang runter. Anstelle des gesellschaftskritischen Blicks auf ihr Umfeld tritt die Auseinandersetzung mit Beziehungskisten und eigenen Befindlichkeiten.
Anders gesagt: Ähnelte "4th World War" noch dem anspruchsvollen Titelthema eines politischen Wochenmagazins, geht "Return Of The Ankh" eher in Richtung "Liebe, Sex und Zärtlichkeit".
Die Riege der Produzenten besteht zwar erneut aus den üblichen Verdächtigten - 9th Wonder und Madlib -, aber die mutigen, kantigen Produktionen von "4th World War" sucht man auf dem aktuellen Werk vergebens.
Stattdessen gibt sich der musikalische Unterbau deutlich smoother und zurückgelehnter, damit aber eben auch harmloser und weitestgehend unspannender. Während Shafiq Husayn von Sa-Ra Creative Partners den Sound der ersten Ausgabe maßgeblich bestimmte, durfte er dieses Mal nur noch ein Interlude verantworten.
Nebem dem erwähnten Interlude "Agitation" gibt es noch eine ganze Reihe weiterer nicht "vollwertiger" Songs. Den auf Rhodes-Akkorde und Gesang reduzierten Opener "20 Feet Tall" kann man getrost als zu lang geratenes Intro ansehen, bei "You Loving Me" handelt es sich um ein (wenn auch sehr charmantes) Session-Outtake und "Incense" bleibt nahezu komplett instrumental.
Mehr als ein Drittel der haben so den Charakter von Füllmaterial, während die im Vorfeld veröffentlichte Single "Jump In The Air (Stay There)" mit Lil Wayne-Feature überhaupt nicht auf dem Album auftaucht - das hätte sich der zahlende Hörer anders gewünscht.
Zu den Höhepunkten hingegen zählen mit Sicherheit die entspannte und eingängige Single "Window Seat", bei der sich Erykah Badu weit weg wünscht, aber auch unbedingt vermisst werden will: Auf "Don't want nobody next to me / I just want a ticket outta town" folgt "But I need you to miss me" und "Need you next to me".
Neben "Turn Me Away (Get Munny)", das mit demselben Sylvia Striplin-Sample arbeitet wie der Junior M.A.F.I.A.-Klassiker "Get Money", ist das butterweiche und Paul McCartneys Wings samplende "Gone Baby, Don't Be Long" ein weiteres Highlight, in dem die total verknallte Neo Soul-Queen Klarheit von ihrem Lover fordert: "Wanna know if it's love or lust / cause I feel like a girl with a fiendish crush".
"Umm Hmm", eine weitere Zusammenarbeit des eingespielten Duos Madlib und Badu, gefällt ebenso wie "Fall In Love (Your Funeral)", in dem sie (mäßig erfolgreich) davon abrät, sich in sie zu verlieben: "If you stay / Prepare to have your shit rearranged". Eher langatmig und enttäuschend fällt hingegen der mit der mittlerweile verstorbenen Producer-Legende J Dilla eingespielte Track "Love" aus.
Um nun wenigstens noch über eine Dreiviertelstunde Laufzeit hin zu bekommen, schließt das Album mit dem mehrteiligen, zehnminütigen Epos "Out My Mind, Just In Time", das immerhin intime Pianobar-Atmosphäre vermittelt.
Insgesamt bietet "Return Of The Ankh" als nach innen gewandter Gegenpart eine gelungene Ergänzung zu "4th World War" - auf sich allein gestellt bleibt die Platte aber etwas schwach auf der Brust.
8 Kommentare
mhh, vier punkte sind auf jeden fall drinen, wenn ich mir laut.de's liste der rnb-4-punkte-für-timbaland-sprössling-xyz ansehe
nicht mehr so revolutionär wie die erste new amerykah auskopplung, aber noch meilenweit über dem sonstigem rizsm änt bluß einheitsbrei.
Die Review ist schlecht.
Die Platte ist 4,5/5.
Allein dass sich der Schreiberling einen Lil Wayne auf die Platte wünscht spricht Bände. Er verkennt Badu und 9th Wonder und Madlib gleich mit.
Naja. laut.de halt.
@lautuser (« Die Review ist schlecht.
Die Platte ist 4,5/5. »):
Also: der Text ist von mir und mich würde dann schon mal interessieren wie du auf 4,5 kommst. Abgesehen davon, dass ich keine halben Punkte vergeben kann, muss ja nicht gleich die komplette Kritik 'schlecht' sein, nur weil ich zu einer anderen Wertung komme.
Ursprünglich hatte ich im letzten Absatz des Reviews übrigens noch geschrieben, dass es richtigen Badu-Fans sicher gut gefällt - wurde aber an der Stelle gekürzt.
@lautuser (« Allein dass sich der Schreiberling einen Lil Wayne auf die Platte wünscht spricht Bände. »):
Ich habe mir nicht explizit Lil Wayne gewünscht, sondern angemerkt, dass seltsamerweise die Vorabsingle auf dem Album fehlt. Vermutlich wurde die aber eh nur eingeschoben um im Netz Welle zu machen, was mit dem Material auf dem Album wohl nicht besonders gut geklappt hätte.
@lautuser (« Er verkennt Badu und 9th Wonder und Madlib gleich mit. »):
Ich bin sicher nicht der grösste Fan von Erykah Badu, aber das Album hätte etwas daran ändern können.
Madlib hingegen finde ich normalerweise ziemlich gut. Aber du bist also der Meinung, die Tracks mit 9th Wonder und Madlib auf dem Album gehören mit zu deren besten Produktionen? Wohl eher nicht. Und auch sonst ist da produktionstechnisch nichts auf dem Album was besonders bemerkenswert wäre und das für mich rausreisst.
Aber wie gesagt: kann nachvollziehen, dass das Album viele gerne und oft hören. Ich gehöre nicht dazu und bin mir ziemlich sicher, dass Erykah Badu auch ein besseres Album machen könnte.
bezüglich madlib und neo soul: ich schreibe hier nur ab und an und habe relativ begrenzt einfluss darauf welche alben rezensiert werden. und generell liegen meine prioritäten auch genre-technisch woanders.
und zur bewertung: die 3 sterne muten vielleicht etwas hart an. ich finde das album ja nicht schlecht und ja, es ist an sich ein nettes chilliges album. aber ich habe auch von allen beteiligten schon deutlich bessere sachen gehört, dazu kommt wie gesagt füllmaterial und der deutlich interessantere vorgänger. macht bei mir eben 3, wenn ich nur die wahl zwischen 3 oder 4 habe.
und ich stimme dir zu, dass das 'window seat' video kritisch und politisch ist, aber das sollte ja eigentlich keinen einfluss auf die album-bewertung haben und kam auch erst nach dem review raus.
schon ok, hatte nur den für Verliebte typischen Beißreflex..
versteh ich. hab's nochmal gut überstanden!