laut.de-Kritik

Noch "The Final Countdown" im Ohr? Dann ab zum HNO-Arzt!

Review von

Ja, ja… "The Final Countdown", blabla … Jeder kennt den Song. Die meisten Leute hassen ihn und ertragen ihn nur noch volltrunken mit einem Bündel Silvesterraketen im Arm. Aber seien wir doch mal ehrlich: Der Song hat nun schon fast 30 Jahre auf dem Buckel. Und wer sich auch nur ein bisschen mit dem Werdegang der Urheber dieses dreieinhalbminütigen Musik gewordenen Fremdschäm-Jackpots beschäftigt hat, der wird sich eingestehen müssen, dass die Mannen um Frontmann Joey Tempest schon seit Jahrzehnten nicht mehr auf leblosen Hairmetal-Pfaden wandeln.

Was soll also das ganze Gezeter und Gemurre, das sich dieser Tage wieder mal auf nahezu allen Kanälen wie ein Virus ausbreitet? Wer einmal in die Scheiße greift, der stinkt ein Leben lang? Leute, macht euch doch einfach mal ein bisschen locker und befreit euch endlich von mittelalterlichen Einmal-kacke-immer-kacke-Überzeugungen. Und vor allem: Riskiert mal ein Ohr! Mit "War Of Kings" legen Europe nämlich ein Classic-Rock-Brett vor, an dem sich die Konkurrenz in diesem Jahr messen lassen muss.

Ja, ihr habt richtig gelesen. Allein schon der mit düsteren Sabbath-Riffings aufwartende Titeltrack haut jedem Zweifler links und rechts was auf die Ohren. Mit "Hole In My Pocket" schicken Europe sogar noch ein paar kräftige Arschtritte hinterher. Ein Uptempo-Kracher, der mit den Ergüssen von vor dreißig Jahren aber so rein gar nichts mehr zu tun hat. Man weiß gar nicht, wovor man sich am tiefsten verneigen sollte. Die moderne, kraftvoll auf den Punkt präsentierte Gitarrenarbeit von John Norum, das dynamische Kesselspiel von Ian Haugland oder das immer noch Ausrufezeichen setzende Organ von Joey Tempest: Hier passt einfach alles. Hut Ab. Mein lieber Scholli!

Auch die atmosphärische Queensryche-Hommage "The Second Day" überzeugt mit stimmigen Strukturen und filigranen Arrangements. Ebenfalls mit breiter Brust präsentiert sich "Angels (With Broken Hearts)", die einzige Ballade des Albums. Statt in Richtung Groupies versenden die Verantwortlichen Grüße an die Adressen der Herren Plant und Gillan. Beide Daumen hoch.

Die größten Spuren hinterlassen die Schweden aber immer dann, wenn sie sich im Stile einer unbefleckten Newcomer-Band völlig vom Druck befreit und ohne Kalkül so richtig gehen lassen. Dann kommt nämlich mit Songs wie "Nothin' To Ya", dem kernig galoppierenden "Days Of Rock'n'Roll" und dem stimmungsgeladenen Dynamik-Eckpfeiler "Children Of The Mind" die ganz alte 70er-Schule zum Vorschein. Hat jetzt noch irgendjemand "The Final Countdown" im Ohr? Dann ab zum HNO-Arzt!

Trackliste

  1. 1. War Of Kings
  2. 2. Hole In My Pocket
  3. 3. The Second Day
  4. 4. Praise You
  5. 5. Nothin' To Ya
  6. 6. California 405
  7. 7. Days Of Rock'n'Roll
  8. 8. Children Of The Mind
  9. 9. Rainbow Bridge
  10. 10. Angels (With Broken Hearts)
  11. 11. Light It Up
  12. 12. Vasastan

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Europe – War of Kings €14,90 €3,00 €17,89
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Europe – War of Kings (Deluxe Special Edition) €29,90 Frei €32,90

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Europe

"We're leaving together, but still it's farewell ..." intoniert im Sommer 1986 ein gut aussehender dauergewellter blonder Schwede. Wenige Monate später …

8 Kommentare mit 7 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    "Urheber dieses dreieinhalbminütigen Musik gewordenen Fremdschäm-Jackpots".. Sowas können eben nur Musik-Redakteure von sich geben..
    Eine der größten (ja und tot genudeltsten Nummern) aller Zeiten (!!) .. Lieber Herr Butterweck - kannste mal an einer Hand abzählen, wie viele Menschen so etwas geschafft haben.
    Das einzige für das man sich fremdschämen muss, sind solche frechen unangebrachten Phrasen. Könnt ich kotzen!

  • Vor 9 Jahren

    Europe waren für mich stets eine Un-Band. Sie existierten einfach nicht als ernstzunehmende Musiker. Das hat sich mit War Of Kings verändert. Diese Scheibe ist das Beste, was im Classic Rock-Sektor die letzten Jahre aufs Parkett gewuchtet wurde. Weder Black Sabbath noch Deep Purple können da auch nur halbwegs mithalten. Europe haben einen Klassiker geschaffen, den man in der heutigen Zeit nie und nimmer erwarten konnte. Eine Meisterwerk, das gegenwärtig alles überstrahlt.

  • Vor 9 Jahren

    Ich weiss ja nicht was die ganzen Final Countdown und Carrie und Rock the Night bla bla hater so am 29.10.2015 so machen, ich bin in Oberhausen und freue mich riesig auf Ihr Konzert.