laut.de-Kritik
Grausame Qualität, dennoch schöne Momente.
Review von Giuliano BenassiBei all den Platten, die nach Eva Cassidys Tod auf den Markt kamen (acht an der Zahl seit 1998), war es nur eine Frage der Zeit, bis auch eine DVD erscheinen würde. "Sings" füllt nun diese letzte Lücke.
Im Gegensatz zu den CDs, die das gleiche Material wieder und wieder verwenden, handelt es sich bei der Filmversion wohl um ein Unikat: Es sollen die einzigen Live-Aufnahmen sein, die von Cassidy existieren. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie bis zu ihren Tod im November 1996 gänzlich unbekannt war und lediglich vor Freunden in kleinen Lokalen ihrer Heimatstadt Washington, D.C. spielte.
Warum es so lange gedauert hat, zeigt sich gleich zu Beginn: Der Klang ist dumpf, die Bildqualität miserabel. Die Annahme, dass jemand einfach seinen Camcorder vom Publikum aus auf die Bühne hielt, bestätigt sich durch die Hinterköpfe, die im zweiten Stück "Cheek To Cheek" zu sehen sind. Ein Schwenk nach rechts zum Gitarristen, einer nach links zum Klavierspieler – so viel zur Abwechslung. Bei zu starkem Rotstich sind die Bilder nachträglich in Schwarzweiß ungewandelt worden.
Dennoch kommen sie dem Geheimnis von Cassidys posthumem Erfolg näher. Etwas pummelig war sie, und schüchtern, aber sie macht einen netten Eindruck und geht in ihrer Musik sichtlich auf - auch wenn sie nur Coverversionen zum Besten gab. "Over The Rainbow" machte sie 2001 über Nacht zu einem Star in England. Bezeichnenderweise ist der aus diesem Konzert hervor gekommene Clip der am meisten gefragte in der Geschichte der BBC-Sendung Top Of The Pops.
Dabei stellt er nicht einmal den besten Moment dar. Besonders intensiv fallen jene Stücke aus, bei denen Cassidy alleine mit ihrer Akustikgitarre auf der Bühne sitzt: "Time After Time", "Autumn Leaves", "Tall Trees In Georgia" und das besonders intensive "You've Changed". Die bescheidenen Gitarrensoli Keith Grimes' kann man sich dagegen genauso sparen wie die Einlagen des Pianisten Lenny Williams.
Mit 45.53 Minuten fällt die DVD rekordverdächtig kurz aus. Etwas Bonusmaterial hätte nicht geschadet, selbst wenn es sich nur um Interviews mit Bekannten und Verwanden gehandelt hätte. Trotz aller Mängel ist eine gewisse Ausstrahlung aber nicht zu verkennen. Eva Cassidy konnte schön und ergreifend singen. Daran ändert auch die stümperhafte Qualität des Mitschnitts nichts.
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