laut.de-Kritik

Mit dem eingestaubten Fuzz-Pedal auf Spurensuche.

Review von

So ein Soloalbum stellt ja bekanntlich eine Spielwiese dar. Hier können sich exaltierte Frontsänger mal so richtig austoben und endlich befreit von den Fesseln ihrer Mit- und Zuspieler ihren ganz eigenen Stilfetischen frönen, die das Plenum früher genervt abgelehnt hat.

Man stelle sich Gerard Way vor, wie er seine Chem-Kollegen fragte: "Hey Leute, ich hab da dieses Riff, das nach Britpop und Shoegaze gleichzeitig klingt. Wie Joy Division und Blur in einem: Geil, oder?!" Faibles dieser Art musste sich Gerard Way bisher verkneifen oder zumindest aufsparen.

So kramt er im Jahr nach der Auflösung seiner Band also wieder das eingestaubte Fuzz-Pedal aus der Dachkammerkiste hervor, das er sich nach der Art-School gegönnt hatte und das bei MCR nie zum Einsatz gekommen war. Vom Fuzz-Fieber gepackt, kauft er sich noch ein paar weitere Pedale, schwingt sich seine Telecaster um und schrabbelt, bis die Garagenwände zittern.

So zumindest könnte man sich den Entstehungsprozess von "Hesitant Alien" vorstellen. Die Platte hat sich auf die Fahne geschrieben, die Blütezeit des Britpop wieder aufleben zu lassen. Eine historische Mission also, und ein recht ausgetretener Pfad, den Way einschlägt.

Um so besser, dass die Platte kein abgewatschter Abklatsch ist, sondern sich stetig über den Tellerrand hebt und ungezwungen Ausschweifungen in Glam-Rock und shoegazigen Noise zulässt. "Juarez" liefert das lärmendste Beispiel dafür. Das blasse Schlagzeug stapft teilweise aber so perfide den Takt durch, dass die Oasis- und Blur-Anleihen schnell zur Stadionreife gelangen. Das geschieht zum Beispiel in "No Shows", das, genau wie "Brother", in der Strophe wie eine Killers-B-Seite von "Hot Fuss" anmutet.

"Millions" birgt fetzigen Rock'n'Roll und tackert sich mit einem Mando-Diao-haften Riff wie aus deren früheren Tagen die Treter heiß, bevor "Zero Zero" den fuzzigen Drive wieder unverhohlen regieren lässt. Der nimmt hier auch die Vocals ein und lässt die rückkoppelnden Gitarren jaulen, um so den ultimativen Postpunk-Faktor einzutüten. Besser gelingt der Siebdruck allerdings dem erwähnten "Juarez". "Action Cat" brettert als einer der anspruchslosesten und gleichzeitig zielstrebigsten Titel großspurig und unverschämt catchy durch.

Meistens müssen sich ja Alben mit dem Remineszenz-Siegel und dem Vorsatz, tausendfach Gehörtes neu zu vermengen, für ihre verunglimpften Pseudo-Vintage-Experimente im Nachhinein entschuldigen. Gerard Way hingegen trägt die bleierne Bürde des proklamierten Konzepts ohne allzu große Last. Er macht keinen Hehl aus den punkig-poppigen Chören, die er seinen Songs unterjubelt. Das kann er nun mal nicht lassen. Deshalb tummeln sich bei ihm auch keine ermogelten Kommerzrock-Refrains. Trotzdem scheinen gerade die geradlinigen Hooks manchmal zu unentschlossen und landen irgendwo zwischen den Stühlen.

Auf der Zielgeraden schlägt die Platte dann noch größere Haken und tariert gekonnt Schunkelhymnen wie "Drugstore Perfume" mit Stoner-Rock-Allüren in "Get The Gang Together" aus, um schließlich in "Maya The Psychic" wieder die Segel des Punk-Pop-Flaggschiffs zu hissen.

Der Grad zwischen inspirierender Spurensuche und hinkender Referenz gestaltet sich schmal. Unverkopft büßen die Nummern aber nur selten ihre Authentizität ein. So gelingt der Balanceakt unbekümmert. Manchmal fast zu unbekümmert.

Trackliste

  1. 1. The Bureau
  2. 2. Action Cat
  3. 3. No Shows
  4. 4. Brother
  5. 5. Millions
  6. 6. Zero Zero
  7. 7. Juarez
  8. 8. Drugstore Perfume
  9. 9. Get The Gang Together
  10. 10. How It's Going To Be
  11. 11. Maya The Psychic

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