laut.de-Kritik

Gute Mischung aus Xavier Naidoo, Ben und Echt, nur etwas frecher ...

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Hätte es zu Hermann Hesses Zeiten schon die besondere Spezies der Popstars gegeben, hätte er sich und seine Band vermutlich "Goldjunge" genannt. Heute, gute hundert Jahre später, gibt es sie tatsächlich, die Band namens Goldjunge. Und Hermann Hesse hätte an den jungen Herren bestimmt seine wahre Freude gehabt. Zumindest, was das Lyrische angeht, denn die Texte von Goldjunge erzählen von den vier holden Jünglingen, die auf der Suche nach sich selbst und dem Sinn ihres Erdendaseins sind. Taucht man etwas tiefer in den Kosmos dieser Musiker ein, entdeckt man Spuren von Verträumtheit und Romantik. Wobei romantisch nicht immer mit Liebe gleichzusetzen ist – vielmehr muss man dahinter blicken, was Liebe so alles mit sich bringt: Da gibt es neben Ängsten und Sorgen, Sehnsucht, aber auch Freundschaft und Schönheit.

Die erste Single "Engelsträne" beschreibt das zwiespältige Gefühl nach einem Seitensprung – "Wenn Du's weißt, dann gehen wir unter. Sag ich's nicht, geht was verloren", ist aus Sänger Ingos Goldmund zu vernehmen. In "Nur keine Ruhe" zweifelt er die Aufrichtigkeit seiner Liebe an, fühlt sich nicht gut genug für die Frau an seiner Seite: "Gib einem Anderen, der es verdient hat deinen Geist, deinen Sex, deine Liebe, deinen Humor und deine Kraft. Der, wenn er es rafft, Dich einmal sehr sehr glücklich macht." Die Texte klingen authentisch, fast wie eine Seelenbiographie, so als hätte Songschreiber Ingo fleißig Tagebuch geführt. Gerade das macht die Lieder von Goldjunge zu etwas Besonderem. Man kann ihnen lauschen und sich fragen, was für eine Geschichte wohl dahinter steckt. In manchen Stücken mag man sogar sich selbst erkennen, andere wiederum sind einem fremd, wie große Unbekannte.

Musikalisch lassen sich Goldjunge nicht so leicht einordnen. Ein bisschen Soul-Pop hier, ein bisschen Elektronik-Einsatz da, zwischendrin findet sich auch tanzbarer Groove. Grob gesagt sind Goldjunge eine gute Mischung aus Xavier Naidoo, Ben und Echt, nur etwas frecher und wilder. Streckenweise erinnert mich der Song "Strategie" sogar an eine andere deutsche Gruppe, die in den Achtzigern recht erfolgreich war: die Münchner Freiheit. (Über diesen Vergleich sind die Jungs bestimmt nicht sehr glücklich, aber in meinen Ohren klingt es nun mal so – andere hören da vielleicht was anderes.)

Alles in allem kann man jedoch sagen, dass sie ihr eigenes Ding machen. Schade ist, dass die meisten Stücke irgendwie ähnlich klingen – spontan fallen mir nur zwei Lieder auf, die heraus stechen. "Himmel über mir" und "Drachen" sind lebendige Rock-Popsongs, bei denen die Jungs zeigen, dass sie auch rocken können. Ansonsten mangelt es dem Debüt ein wenig an Abwechslung. Aber daran lässt sich ja bis zum nächsten Album noch feilen.

Mutig, und deshalb positiv zu bewerten sind die Liedtexte von Sänger Ingo. Durch tiefe Einblicke in sein Dasein auf dem Planeten Erde versucht er Denkanstöße zu geben. Dass man dabei den teils esoterisch-angehauchten Inhalten nicht immer folgen kann, ist nicht weiter tragisch. Denn schön klingen die großen Worte allemal – und so lauscht man dann auch gerne.

Trackliste

  1. 1. Hinter Der Sonne
  2. 2. Himmel Über Mir
  3. 3. Engelsträne
  4. 4. Irgendwas Erinnert Sich
  5. 5. Haus Der Liebe
  6. 6. Drachen
  7. 7. Strategie
  8. 8. Nur Keine Ruhe
  9. 9. Das Glück Befreit
  10. 10. Das Erbe
  11. 11. Sylvesterstern
  12. 12. Die Wüste Wächst

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