laut.de-Kritik
80er-Hardrock für Freunde erdiger Kuttenkost.
Review von Kai ButterweckNach dem tragischen Tod ihres langjährigen Frontmannes Steve Lee meldeten sich Gotthard vor zwei Jahren mit "Firebirth" ziemlich eindrucksvoll zurück. Mit dem Wahl-Australier Nic Maeder verpflichtete die Band einen würdigen Nachfolger: "Wir hatten mit Nic seinerzeit den Überraschungsfaktor auf unserer Seite. Mit 'Bang!' hoffen wir nun beweisen zu können, dass die große Qualität von "Firebirth" keine Eintagsfliege war", sagt Bassist Marc Lynn.
Na, dann mal los! Der Titeltrack macht den Anfang. Abgesehen vom uninspirierten Allerwelts-Refrain geht der Opener gut nach vorne los. Kräftige Boogie-Grooves treffen auf dreckige Hardrock-Gitarren der alten Schule. Daumen hoch.
Auch das anschließende "Get Up 'N' Move On" lässt bei Freunden erdiger Kuttenkost kaum Wünsche offen. Mit dem Fuß auf dem Gaspedal finden die Schweizer die perfekte Nische zwischen choralem Achtziger-Heavyrock à la Def Leppard und schrammeligem Sleaze. Knapp vier Minuten später drücken die Verantwortlichen jedoch schon wieder auf die Bremse. Die Folge: Süffiger Schlager-Rock mit Synthie-Einwürfen ("Feel What I Feel") und einschläfernde Akkordeon-Experimente für nachdenkliche Stunden ("C'est La Vie").
Doch nicht jedes Wagnis geht nach hinten los. Die Verbindung von "New Noise"-Erinnerungen mit klassisch opulenten Deep Purple-Einschüben funktioniert beispielsweise ebenso prächtig wie das Einbinden epischer Led Zeppelin-Momente ("I Won't Look Down") oder der Mix aus "Symphony Of Destruction"-Gitarren und flirrenden Orgelschwaden ("My Belief").
Kurz vor dem Einläuten der Schlussoffensive zücken die Bandmitglieder noch einmal die Taschentücher ("Maybe"). Zusammen mit der amerikanischen Sängerin Melody Tibbits greifen die Herren Maeder und Co diesmal besonders tief ins Honig-Glas und lassen dabei den Erstversuch ("C'est La Vie") schnell wieder in Vergessenheit geraten. Danke.
Drei Gotthard-typische Rock-Nummern später gibt es dann zum Finale hin noch mal richtig was auf die Glocke. Nach zehneinhalb Minuten, vollgepackt mit orchestralem Bombast, Solo-Exzessen und epischen Chor-Passagen, huscht auch dem letzten Zweifler ein Lächeln übers Gesicht. Zwar präsentieren die Schweizer auf ihrem mittlerweile elften Studioalbum den einen oder anderen Füller zu viel, doch schlussendlich kann man Bassist Marc Lynn anerkennend die Hand reichen und ihn von seiner Eintagsfliegen-Angst befreien.
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