laut.de-Kritik

Klingt wie ein Potpourri aus der ZDF Hitparade.

Review von

Guy Gross meint, er hätte "Nichts Zu Verlieren". In diesem Punkt muss man dem Band Ohne Namen-Sänger Recht geben. Nach Songs wie "Boys" und "Sex Control" kann es schließlich nur noch aufwärts gehen. Auf seinem Solo-Debüt pflegt der Mittzwanziger sein Milchbubi-Image, gibt sich balladesk-tiefgründig und beschwört große Gefühle.

Möglicherweise ist das einer der Gründe, warum Gross auf seinem Solo-Debüt eine Plattitüde nach der anderen raushaut. "Vielleicht bin ich viel zu jung, um zu verstehen/ Vielleicht ist mein Weg noch zu weit", singt er am Anfang des Titelsongs. Bei "Bis Ans Ende Dieser Welt" schwört Gross schließlich: "Bis ans Ende dieser Welt/ Bist du das was für mich zählt/ Bist mein Leben, meine Welt/ Was mich trägt und was mich hält". Klingt irgendwie nach einem erfolgreichen "Copy & Paste"-Abenteuer quer durch die ZDF Hitparade. Großer Lyriksport - unterlegt von Musik, die nicht einmal annähernd zeitgemäß ist. Bricht jetzt die 90er Jahre Retrowelle an?

Aber Gross singt nicht nur über sich selbst und die Ex, sondern wendet sich auch dem großen Ganzen zu: Die Idee zur Single "Wo ist die Liebe?" kam Gross angeblich, während er einen Artikel über die Organisation "Ärzte Ohne Grenzen" las. Und auch ein bisschen als die Black Eyed Peas im Radio liefen, oder? Hier befindet sich gleich ein neues Kabinettstückchen aus dem Hause Gross. "Wieso seh ich so viel Leid?/ Das so sehr an mir zehrt/ Als ob es mein eigenes wär". Gut gemeint ist es ja, doch sein gesellschaftskritisch angehauchter Text kommt darüber nicht hinaus.

Auch die enorm sterile Produktion wird dem persönlichen Ansatz dieses Albums nicht annähernd gerecht. Alles klingt dermaßen glattgebügelt, dass man fast bezweifeln möchte, hier echte Menschen beim Musizieren zu erleben. Das Einzige, was man Gross' schwachen Texten zugute halten kann ist, dass sie vermutlich ehrlich sind. Seele sucht man in der Musik dagegen vergeblich.

Böser gesagt: "Nichts Zu Verlieren" beinhaltet billig klingende Popballaden, aufgepeppt mit fragwürdigen Scratches, zahnlosen E-Gitarren und klebrigen Streichern. Weder vom Textniveau noch von der musikalischen Klasse her ist eine positive Entwicklung seit B.O.N. auszumachen. Doch, um es mit einem echten Gross zu sagen "Vielleicht bin ich viel zu jung, um zu verstehen."

Trackliste

  1. 1. Wieso Hältst Du Mich?
  2. 2. Wo Ist Die Liebe?
  3. 3. Es Tut Noch Weh
  4. 4. Wenn Es Nicht Mehr Geht
  5. 5. Wenn Du Glaubst
  6. 6. Bis Ans Ende Dieser Welt
  7. 7. Ohne Dich
  8. 8. Nichts Zu Verlieren
  9. 9. Reprise
  10. 10. Sag Was
  11. 11. Was Mich Bewegt
  12. 12. Schreib Dein Lied

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