laut.de-Kritik

Aufregendes Electro-Debüt eines Hamburger Geschwisterpaars.

Review von

Nur schemenhaft ist auf dem Cover zu "Hundreds" eine Person zu erkennen, die sich unter Wasser ihren Weg bahnt, schaut man nicht genau hin, übersieht man sie. Der Bandschriftzug mittig platziert, fertig ist das erste künstlerische Statement.

Schon nach wenigen Sekunden, nachdem sich zu dem eröffnenden "Come Home"-Sprachsample düster-minimale Pianoakkorde hinzugesellen, und schließlich eine gleichzeitig dringliche wie warme Frauenstimme den Song offiziell eröffnet, fühlt man sich zuhause. Zuhause in einer klar konturierten, keinen Raum für Zufälle bietenden Welt einer vorgeblichen Newcomer-Band. Kann das möglich sein?

Hundreds kennt niemand, sogar das eigene Label erzählt die Geschichte einer zufälligen Live-Begegnung in einer Hamburger Kneipe. Die wiederum erst zustande kam, nachdem man den guten Ratschlägen von Freunden, es gäbe da eine tolle Liveband, zunächst nie gefolgt war. Zufall, Schicksal, irgendwie beides.

Die Geschichte passt hervorragend zum Selbstbildnis des Duos. Auf den zwei einzigen offiziellen und in ihrer verschwommenen s/w-Ästhetik an Anton Corbijn erinnernden Pressefotos meiden beide Mitglieder demonstrativ den Blick des Betrachters, einmal ist gar ein ganzer Kopf abgeschnitten.

Die Musik folgt dieser Logik: Unaufdringlich, aber bestimmt; sehnsüchtig und doch euphorisch; ruhig und treibend zugleich; so klingen die mit Querverweisen zu Console, Lali Puna und Neulander ausgestatteten Songs des gleichnamigen Debütalbums "Hundreds".

Sublime Balladen wie "I Live My Harbour" oder "Machine" leben von einer knisternden, eigentümlichen Atmosphäre, die das Geschwisterpaar Philipp und Eva Milner mit scheinbar einfachsten Mitteln (Synthesizer, Hallgerät und Stimme) zustande bringen.

Ein schwer erklärbarer Reiz speist sich aus dieser detailversessenen Zielstrebigkeit, die jedoch stets genügend Raum für verletzliche Momente bietet. Dies steht auch den beatlastigen Songs ("Happy Virus", "Song For A Sailor") sehr gut zu Gesicht.

Wer frickelndem Elektro-Pop und spannungsgeladenen Arrangements nicht abgeneigt ist, findet in Hundreds eine neue Heimat. Das Debütalbum weist kaum Längen auf, wirkt ungemein durchdacht und beinhaltet allein mit dem Eröffnungsstück "Solace" einen Song, für den andere Gruppen drei Alben brauchen. Mehr davon.

Trackliste

  1. 1. Solace
  2. 2. Grab The Sunset
  3. 3. Happy Virus
  4. 4. Fighter
  5. 5. I Live My Harbour
  6. 6. Blank
  7. 7. Machine
  8. 8. Song For A Sailor
  9. 9. Walking On Rails
  10. 10. Wait For My Racoon
  11. 11. Let's Write The Streets
  12. 12. Little Heart

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