laut.de-Kritik

Könnte mit seinem Soul vom Feinsten sogar R. Kelly vom Thron stoßen.

Review von

Man sollte mit seinen Worten immer vorsichtig sein, besonders während einer Redaktionssitzung. Meine Einsicht kommt in diesem Fall aber leider zu spät. Denn ich outete mich bei meinen Einstieg selbstherrlich als Hip Hop-Experte, der zuweilen auch R'n'B-Songs à la R.Kelly etwas Positives abgewinnen kann. Doch darauf schienen die Gitarrenrock-Anhänger von Laut nur gewartet zu haben, schon bekam ich den Stempel "Black Music"-Experte aufgedrückt. Alle Promos und Alben aus diesem Bereich landen jetzt umgehend auf meinem Schreibtisch, und ich darf dann versuchen, bei jedem Künstler objektiv zu bleiben. Selbst dann, wenn mich das Produkt nun gar nicht vom Hocker reißt.

Was das alles mit dem amerikanischen R'n'B-Newcomer Jaheim zu tun hat? Gar nichts, denn sein Debut fällt aus dem oben beschriebenen Rahmen und ist eine wirklich starke Soulplatte geworden. Das liegt vor allen Dingen an seiner heiser-erotischen Stimme, die an alte Recken wie Luther Vandross und Sam Cooke erinnert. Im heutigen Musikbiz fällt mir da nur ein Vergleich mit the mighty D'Angelo ein, der ähnlich ausdrucksstark zwitschern kann. Doch auch die musikalische Seite ist nicht von schlechten Eltern. Kay Gee, der Ex-DJ der Hip Hop-Legenden Naughty By Nature, versorgt Jaheim mit straighten Beats, die auch in den langsamen Phasen einen gewissen Kopfnicker-Appeal besitzen. Als Vergleich ist hier nur ein TQ ("Westside") zu nennen, denn die meisten anderen R'n'B-Acts stressen doch zu sehr mit hektischen, kopierten Timbaland-Beats oder möchtegern-modernen 2Step-Sounds.

Auf Jaheims Album finden sich bouncende Tanzflächenburner wie "Let It Go", "Lil Nigga Ain’t Mine" oder "Finders Keepers" und smoothere Songs wie "Ghetto Love", "Looking For Love" oder "Heaven In My Eyes". Zum Ende hin folgen dann die üblichen Bett-Balladen "Waitin’ On You", "Ready, Willing & Able" und "Forever". Herausheben will ich aber noch zwei Lieder, "Just In Case" und den "Could It Be"-Remix. Bei "Just In Case" fühlt man sich dank Mitklatsch-Charakter in die frühen Neunziger versetzt (pure Retro-Feeling), während der Remix Pluspunkte durch den Beat-Gebrauch vom Craig Mack-Klassiker "Flava In Ya Ear" sammelt. Wenn Jaheim sich kontinuierlich weiter entwickelt, kann er langfristig sogar König R. Kelly vom Thron stoßen.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Du & Jah
  3. 3. Looking For Love
  4. 4. Interlude: Answering Machine
  5. 5. Let It Go (feat. Castro)
  6. 6. Could It Be
  7. 7. Ghetto Love
  8. 8. Happiness
  9. 9. Interlude: Jah's Seed
  10. 10. Lil' Nigga Ain't Mine (feat. Castro, Duganz and Precise)
  11. 11. Finders Keepers (feat. Lil' Mo)
  12. 12. Just In Case
  13. 13. Heaven In My Eyes
  14. 14. Anything
  15. 15. Waitin' On You (feat. Miss Jones)
  16. 16. Remarkable (feat. Terry Dexter)
  17. 17. Ready, Willing & Able
  18. 18. Love Is Still Here
  19. 19. Forever
  20. 20. For Moms
  21. 21. Could It Be (Anything You Want Remix)

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