laut.de-Kritik
Mit Instagram-Poesie die Midlife Crisis überwinden.
Review von Josephine Maria BayerJedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Das wusste schon Hermann Hesse. Etwas weniger poetisch, aber mit demselben Enthusiasmus, drückt es Jason Mraz in "Getting Started" aus. Der optimistische Opener seines achten Albums "Mystical Magical Rhythmical Radical Ride", dessen Titel unweigerlich an die Magical Mystery Tour der Beatles erinnert, ruft zu mehr Kreativität und Selbstvertrauen auf. Das Album trieft von Motivationssprüchen, wie sie auf Postkarten zu finden sind. Gut möglich, dass der ehemalige "I'm Yours"-Sonnyboy damit seine Midlife-Crisis verarbeitet: "Do dreams disappear if I don't get to them today? Are these my best days? Or am I only halfway to living my dreams?" Diese Fragen beantwortet der Sänger mit einem nachdrücklichen Nein. Für Träume gäbe es kein Ablaufdatum.
Es ist, als säße Mraz im Schneidersitz auf einer Südseeinsel, einen Joint in der Hand, während er darüber schwadroniert, wie man Träume durch die eigene Willenskraft manifestiert. Das nötige Kleingeld wird bei einem solchen Unterfangen jedenfalls nicht schaden, Jason hat davon genug. Sein Hit "I'm Yours" aus dem Jahr 2008 entpuppte sich als wahrer Goldesel: Bis heute verzeichnet er über 1,6 Milliarden Spotify-Streams. Seit dem Folgealbum "Love Is A Four Letter Word" konnte der Sänger nicht mehr an den Erfolg seiner Hit-Single anknüpfen. Stattdessen widmete er sich zahlreichen philanthropischen Projekten und seiner großen Liebe, dem Reggae.
Überraschenderweise verzichtete Mraz bei der Produktion der Platte vollständig auf sein Lieblingsgenre. Stattdessen widmet er sich nun beschwingten 70s-Disco-Klängen. Mit ausdrucksstarkem Bass, souligen Backgroundsängerinnen, einem Aufgebot an Streichern und gut gelauntem Klatschen eignen sich Songs wie "I Feel Like Dancing", "You Might Like It" und "Feel Good To" für jede Sommerparty. Die amüsante Aufforderung "Smile with your hips" ist Metapher und Tanzanleitung zugleich.
Ab und zu weht ein Hauch New Age Spiritualität auf Jasons Lifecoach-Insel. Mraz, ein bekennender Yoga-Enthusiast, experimentiert in "You Might Like It" mit Sitar-Elementen, die sich jedoch mit dem Beat beißen und unangemessen wirken. In einem Intermezzo von "If You Think You've Seen It All" atmet der Sänger betont meditativ. Zu einer guten Zeit gehören für Mraz jedoch nicht nur Tanz, Sonne und Yoga: "Everything you need is in your own backyard. The shrooms are magic. Every precious weed knows who you are.". Mit 'weed' meint Mraz sicherlich nicht das Unkraut in seinem Blumenbeet.
Etwas nachdenklicher gibt sich Jason im ruhigen "The Irony of Loneliness". Die Hook des Songs basiert auf einem Zitat der Instagram-Poetin Rupi Kaur. Die Ironie der Einsamkeit sei, dass es ein Gefühl sei, das die meisten Menschen teilten: "I feel it, too."
Im poppigen "Lovesick Romeo" sucht Mraz nach dem Ende des Regenbogens. Der Hannah Montana-artige Song tanzt aus der Reihe und hätte nicht unbedingt auf dem Album landen müssen.
Das zehnte und letzte Stück "If You Think You've Seen It All" schlägt noch einmal in die Kerbe der dominanten Mutmach-Message: Wer desillusioniert in der Ecke sitze und den Glauben an seine Träume verloren habe, solle nicht den Mut verlieren. Der spritzige Idealismus wirkt fast ein wenig aggressiv. Zarte Streicher und schlichte Akustikgitarre begleiten den Sänger sanft. Zum Schluss greif Mraz noch einmal die Zeile "We're just getting started" aus dem Opener auf und bindet damit eine hübsche Schleife um das Gute-Laune-Päckchen, das er mit "Mystical Magical Rhythmical Radical Ride" geschnürt hat.
2 Kommentare
ich lieb ihn einfach 5/5
Wo ist überhaupt die Kelly Clarkson Kritik Album zu gut geworden? kann man nicht einfach ungerecht bewerteten? ich trink erstmal ein Bier!