laut.de-Kritik

Außen schrill, innen biedere Kost.

Review von

Der Eurovision Songcontest bleibt im Grunde eine Aneinanderreihung geschmacklicher Grenzerfahrungen, von Lulu 1969 über ABBA 1974 und Guildo Horn 1998 zu Sebastien Tellier 2008. Grenzerfahrungen, die aber immer ein Camp-Potential haben, also aufgrund ihrer Übertreibungen und gegen ihre eigentlichen Intentionen wieder gut gefunden werden können.

Und zwar nicht nur im landläufigen Sinne von "so schlecht, dass es schon wieder gut ist". Denn Camp wohnt auch immer eine Ahnung vom schönen Schein dieser Welt inne: "Camp betrachtet alles in Anführungszeichen. Es ist keine Lampe, sondern eine 'Lampe', keine Frau, sondern eine 'Frau'. Dinge und Personen mit einem Camp-Blick wahrzunehmen, heißt das Leben als Rollen-Spielen zu verstehen", so Susan Sontag 1964 in ihren "Notes On Camp".

Jedward, in diesem Jahr zum zweiten Mal für Irland angetreten, sind in diesem Sinne eigentlich ein okayer ESC-Act, jedenfalls um Längen besser als die ausgelutschte Lolita-Nummer Lena, mit der Deutschland 2010 den Preis einheimste. Die übertriebenen 80er-Jahre-Frisuren und die skurillen Fantasie-Uniformen der eineiigen Zwillinge schreien förmlich nach Camp. Die Songs allerdings hinken dem schrillen Image hinterher: konventionelle Hits für die Großraumdisco, ohne Überraschung.

Das Coverfoto von "Young Love", dem schon dritten Album des Duos, trägt dem Rechnung und kommt etwas ernsthafter daher. Im Inlay finden sich aber auch Fotos, die sie als ziemlich klischeehafte schwule Boys zeigen, es gibt also immer noch ein wenig campy Übertreibung. Das erinnert auch ein bisschen an die jungen Pet Shop Boys, in musikalischer Hinsicht ist dieser Vergleich aber mehr als unzulässig.

Das Album beginnt mit dem ESC-Hit: "Waterline" ist ein uninspirierter Partysong, ganz der übliche elektronische Bratzbrei. Nach derlei Verausgabung muss erst mal der Titelsong, eine uninspirierte Ballade her. Danach wieder Gebratze. "What's Your Number?", ein, wie soll man es sagen, uninspirierter Partysong.

Und so gehts weiter: Partysong, ruhiger Song, Partysong, Partysong - klar, "A Girl Like You" glänzt mit Hammond Orgel oder "Give It Up" mit einem netten 50ies Pfeif- und Klavierintro. Aber das bleiben immer nur Nebensächlichkeiten, die spätestens nach zehn Sekunden der überbordenden Discount-Produktion Platz machen. "Luminous" gibt sich immerhin 1:30 Minuten Zeit, bis die unvermeintliche Stille vor dem unvermeintlichen Abfahrt-Synthie kommt. Konventionell und langweilig. Unnötig zu erwähnen, dass sich alle Songs über die hier meistens süße, manchmal bittersüße Liebe drehen.

Manchmal blitzen die Neunziger auf, Take That oder die unschuldige Britney Spears bei "What It Feels Like" zum Beispiel. Das macht die Sache auch nicht besser. Einen 'Demnächst in ihrem Burger-Laden!'-Sticker könnte man auf die CD kleben, denn dort wird dieser mehr als offensichtlich auf die Charts hin produzierte Baukastenpop sicher bald laufen - und Fast-Food-Fans wie mir den Burger verderben.

Jedward wollen 2013 nicht mehr zum Eurovision Song Contest antreten. Zu groß ist die Enttäuschung nach dem diesjährigen 19. Platz. Im Grunde gehörten sie mit ihrem gähnend langweiligen Teeny-Discosound eh nie wirklich dort hin.

Trackliste

  1. 1. Waterline
  2. 2. Young Love
  3. 3. What's Your Number?
  4. 4. A Girl Like You
  5. 5. Luminous
  6. 6. Give It Up
  7. 7. Happens In The Dark
  8. 8. All I Want Is You
  9. 9. What It Feels Like
  10. 10. How Did You Know?
  11. 11. Can't Forget You
  12. 12. P.O.V.

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21 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    @Hardy Funk (« @zombiegigolo: word! und ich hab hier noch madsen und silbermond liegen.. ;) »):

    Mein Beileid :ill:

  • Vor 11 Jahren

    @ZombieGigolo (« Manchmal glaube ich, bei laut arbeiten nur Masochisten. Ihr gebt euch in einer Woche Menowin, Maroon 5, Queensberry, Fler, Flo Rida UND Jedward? »):

    :dsweat: ... und allein bei mir liegen noch dieter thomas kuhn und melbeatz' katastrophenprojekt durstlöscher. da siehst du mal, was wir für euch auf uns nehmen. (okay. krizz kaliko und aesop rock geben mir dafür den glauben zurück. :D )

  • Vor 11 Jahren

    Ihr wisst doch gar nicht wie hart John und Edward an ihren Erfolg gearbeitet haben , klar es ist hart sich im heutigen Musikgeschäft durchzusetzen . Aber ich persönlich finde sie echt genial , da sie nicht so sind wie andere Stars und sie sich von der Masse abheben. Sie sind die nettesten Stars die ich kenne , sie lieben ihre Fans über alles!

    Und ach ja @CafPow hätten sie eine hässliche Visage wären sie sicherlich keine Models geworden. Ich will mal deine Fresse sehen ob die besser ist aber lass deine Wut lieber an den Kissen aus ;)