laut.de-Kritik
Der alte Horseman reitet in den Sonnenuntergang.
Review von Markus BrandstetterVeränderung ist vital, dachte sich Josh Ritter. In nur zwei Wochen nahm er ein neues Album auf, das sich von seinem Vorgänger "The Beast In Its Tracks" fundamental unterscheidet. Bunt sollte die elektrische Predigt ausfallen, das sagt schon das Cover aus, auf dem Ritter im farbbekleckerten Blue-Collar-Suit einen kräftigen Schluck aus der Bierdose nimmt.
Zunächst kündigt er die Apokalypse an: "I didn't come to ask you how you're doing these days / Didn't come to roll no stones away, no. I've come to tell you that the end is nigh / I've come to prophesize", singt er im Opener "Birds Of The Meadow". Dazu tobt der Beat solide vor sich hin, die Orgel groovt grimmig, und die E-Gitarre surrt. Wenn die Welt untergeht, dann so: "I roll you over, turn your bedside up, yeah / Before the whole thing's over, you're gonna shout my name. I don't care if you believe me."
Trotz dem Willen zur Predigt also kein messianisches Sendungsbewusstsein bei Herrn Ritter. Religion und die Bibel dienen auf "Sermon On The Rocks" durchaus aus Inspirationsquelle. Sie lassen Texte und Themen in alle erdenklichen Richtungen abbiegen, und das stets mit Augenzwinkern und der einen oder anderen Perle: "Turn your other cheek and take no chances / Jesus hates your high school dances", heißt es beispielsweise in "Getting Ready To Get Down". Da hat Ritter gerade Lust auf eingängigen, fast poppigen Country-Rock mit treibenden Gitarrenlicks.
Wohin es "Sermon On The Rocks" musikalisch auch treiben mag: Textlich bleibt Ritter der Folk-Tradition verpflichtet. Am stärksten zeigt sich das bei der Mörderballade "Henrietta, Indiana", dem lyrisch bemerkenswertesten Stück des Longplayers. Auszug: "At night I leave a bottle on the table / The Bible open to the Sermon on the Mount / Blessed be the poor of Henrietta, Indiana / But happy are the ones that get out I think I'll drive over to Putney /The store'll be open 'til twelve / The empty parking lot, the lights, the lonely kid, the register / I see it all clear as a bell."
Bei "Seeing Me Round" steigen die Musiker für eine weitere atmosphärische Ballade vom Gaspedal. Die meiste Zeit über regiert aber gepflegtes Midtempo. Was auch passiert, Ritter zeigt sich stets sehr "wordy", stellt das Storytelling oft über Hooks. "My Man On A Horse" schließt das Album in Form einer sanft-melodischen Country-Ballade. Dazu gibts "Hidee-hidee-hidee-hey, hidee-hidee-ho"-Hooks, und der alte Horseman reitet den Karren in den wohlverdienten Sonnenuntergang. Konsequent war Josh Ritter auf "Sermon On The Rocks" definitiv.
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