12. Dezember 2008

Pornohörspiel wird "Naschpaket"

Interview geführt von

Irgendwas ist ja immer. Die Katastrophe bahnte sich dieses Mal aber erst nach dem Interview und dem Konzert von und mit K.I.Z. an.Als ich nach getaner Arbeit und gerockter Show im Münchener Backstage an der (bewachten!) Garderobe den Rucksack mit Aufnahmegerät und Kamera wieder abholen will, stellt sich heraus, dass dieser geklaut bzw. geplündert wurde. Gangster, hautnah.

Somit war ich zwar um eine Live-Erfahrung reicher, aber auch um ein aufgezeichnetes Gespräch mit Nico, Maxim und DJ Craft sowie Bildern davon ärmer. Ein kleiner Trost inmitten dieses journalistischen Mundraubs: Wenigstens die Kamera mit den Konzertfotos hatten wir noch.

In einem schier unmenschlichen Akt kollektiven Kopfzerbrechens konnten mein Fotograf Don Dauerfeuer und ich das Interview dann tags darauf rekonstruieren – natürlich nicht in voller Länge und auch nur partiell im O-Ton, aber immerhin. Here we go:


Hallo die Herren! Alles klar bei Euch?

Maxim: Hallo. Ja, passt schon.

Gleich mal eingangs: Ich hab gehört, ich habt ein Pornohörspiel in der Mache? Was ist da dran und was wird das genau?

(Maxim und Nico sind etwas überrascht)
Maxim: Woher weißt du das? Kann schon sein ... als kleines Naschpaket vor'm Album vielleicht ... aber wir wissen davon nichts. Woher weißt du das denn?

Och ... das hört man so. Ihr scheint recht angeschlagene Stimmen zu haben. Kann ich mir trotzdem eine Chick anzünden?

Maxim: Klar, zünd an, aber sag mal – hast du 'Chick' gesagt? Sagt man das nicht nur in Österreich?

Hoppla, stimmt. Ich bin tatsächlich seit ein paar Jahren in Österreich unterwegs.

Maxim: Ha! Erwischt!

Dann lasst uns mal zum neuen Album kommen. Wie schauts da aus?

Maxim: Naja, das Album ist so gut wie fertig. Deswegen ja auch der Name dieser Tour. (Der lautet: "Das Nächste Album Ist Fast Fertig Und Wir Zeigen Es Euch Natürlich Auch Wieder Vorher-Tour 2008") Fünf Tracks sind komplett fertig, andere Tracks liegen mehr oder weniger komplett vor, von manchen Sachen gibts auch erst Skizzen ... Zehn Tracks werdens insgesamt.

Zehn Tracks? Im Ernst?

Maxim: Ja, klar. Nein, wir wissen es noch nicht so genau ... Vielleicht werden es auch zwölf oder 16 oder 20 - es muss am Ende halt eine runde Sache sein. Es gibt manchmal so Alben, da denke ich mir "Boah, hättste ruhig noch zwei Songs mehr draufpacken können", und bei anderen reichts mir nach der Hälfte. Wir wissen es noch nicht zu hundert Prozent. Aber die fünf fertigen Songs, die spielen wir heute Abend.

Wohin gehts soundtechnisch dieses Mal? In die Elektrorichtung oder eher was ganz Neues?

Maxim: Wir stehen schon immer noch auf den typischen K.I.Z.-Sound, klar ist da auch wieder was Elektronischeres dabei. Aber wenn wir Bock auf Gitarre haben, dann machen wir was mit Gitarre. Siehe "Neuruppin" vom letzten Album. Wir machen, worauf wir Bock haben.

Stehen schon Produzenten fest?

Maxim: Viele Beats liefern dieses Mal WASBASS, das ist unser Haus-Produzententeam, bestehend aus Nico und Gregosch. Ansonsten müssen wir mal schaun. Aber es wird mit Sicherheit wieder sehr abwechslungsreich.

Was dürfen wir inhaltlich erwarten? Hahnenkampf-Style?

Maxim: Es wird ein sehr politisches Album werden. Und sehr spaßig. Wir kommen jetzt nicht mit einem ganz neuen Style ums Eck, aber haben auch nicht vor, uns selbst zu kopieren ...
Nico: Doch! Wir kopieren uns selbst! Yeah!

Aha. Wie soll es denn heißen?

Maxim: "Tomatensalat" wird es heißen. Wir finden, dass das ein aussagekräftiger Name ist. Ganz im Gegensatz zu Curse' neuem Album. Der hat das "Freiheit" genannt. Aber wenn er wirklich frei wäre, dann hätte er sein Album "Tomatensalat" genannt. Denn nur das beweist ultimative Freiheit.

Manowar!

Wie kam es denn zu der Kollabo mit Scooter für "Was Kostet Der Fisch"?

Nico: Naja, die wollten ein Album mit Remixes produzieren und haben uns daraufhin gefragt, ob wir das machen wollen. Und das haben wir dann getan. Den Song spielen wir heute übrigens auch.

Oh, dann wirds ja wohl wieder beste Moshpit-Atmo geben ... Erinnere mich schmerzhaft an das Nikolauskonzert im Huxley's vergangenes Jahr... und an das Intro, als sie euch an die Galgen gehängt haben.

Nico: Ah, da fällt mir gerade eine kleine Anekdote dazu ein. Bei der Generalprobe zu der Galgenaktion haben die mir die Schlaufe zu eng angelegt. Als ich dann da so baumel, merke ich plötzlich, dass mir immer wärmer und schummrig wird. Und plötzlich hänge ich ohnmächtig da rum ... Der Strick hat mir die Halsschlagader abgedrückt und ich bin weggetreten. Gottseidank war das bei der Probe. Das hat dann am Abend kurz vor der Show aber noch mal so richtig und extra viel Adrenalin einschießen lassen... (lacht)

Oha. Und was ist das für eine Schramme an deinem Kopf? Wieder was schiefgegangen bei der Probe?

Nico: Ach das. Das ist vom Konzert von gestern. Da hat mir ein Hater während der Show einen Becher an den Kopf geschleudert. Kommt halt auch mal vor ...

Brauchen tuts das zwar nicht – wie gehtes euch eigentlich als Band? Alles bestens oder brodeln Pläne für erste Solokarrieren in den Köpfen?

Nico: Nee, wir sind momentan echt gut unterwegs zusammen und es klappt alles wunderbar - warum sollten wir da K.I.Z. aufgeben oder so? Never change a winning team, wa?

Schön, das zu hören ... Wen dürfen wir als Featuregäste erwarten?

Nico: Manowar natürlich!
Maxim: Die üblichen Verdächtigen aus dem engeren Freundeskreis ... Cuba, Massimo und so weiter natürlich. Und sonst ... mal gucken. Die fünf Tracks die fertig sind, sind aber momentan nur von uns.

Ist eigentlich Kollegah noch ein Kollege?

Maxim: Klar. Alles cool.
Nico: Nein, wir haben todernsten Beef. Beef bis aufs Blut, Alter.

Wer sind eigentlich die toten Crackhuren im Kofferraum? Und wo?

Maxim: Die sind nebenan, glaube ich. Das sind unsere Anheizer fürs Publikum. Das sind so Mädls aus Berlin, die machen ... ähm, Elektropunk, sag' ich mal.

Und was macht ihr?

Maxim: Elektropunk. Sag ich mal.

Apropos "Punk" - Prinz Pi hat sein neues Album ja auch "Neopunk" genannt - und auch er und Biztram haben dafür tief in die aktuelle Elektronikkiste gegriffen. Im krassen Gegensatz dazu stehen beispielsweise "Huss & Hodn" - die haben ja einen extrem rückgewandten, oldschooligen Sound. Wie steht ihr zu den Entwicklungen in dieser Hinsicht?

Maxim: Also ich finde das beides gut. Sowohl diese Elektrokiste als auch den 90er-Jahre Retrofilm ... ich find das lustig. Solange es gut ist und Spaß macht, cool. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen ...

Wisst ihr eigentlich von der Sache mit der Bild-Zeitung und Frauenarzt? Vom "Wochenrückrap"?

Maxim: Frauenarzt und die Bild? Echt? Nee, wissen wir nicht. Finde ich persönlich jetzt aber nicht so toll. Ich meine die Bild ... naja. Ich will und würde jetzt nix gegen Frauenarzt sagen, der macht sein Ding und hat Spaß dabei ... aber mit der Bild würde ich niemals kooperieren wollen.

Apropos operieren: In welchem Studio nehmt ihr momentan auf?

Nico: In unserem Studio! Wir haben jetzt ein eigenes - wir haben uns da so eine fette Kellerwohnung in Berlin gemietet, und die zum Studio umfunktioniert. Macht richtig Spaß dort!

Klingt teuer ...

Maxim: Jaaa, aber das haben wir selber bezahlt. Von der eigenen Kohle! Da hat Papa nix dazu gegeben.

Sonst noch etwas, das Ihr der Welt mitteilen wollt?

Maxim: Der Harz ist vorbestraft!

Wer ist das?

Wer Peter Harz ist?

Ja, keine Ahnung.

Maxim: Naja, der Mann, der uns Hartz IV beschert hat.

Achso! Hartz! Jetzt kenn ich mich aus. Der ist vorbestraft?

Maxim: Ja, stand neulich in der Zeitung. Wirtschaftsverbrechen, irgendwas. Das ist wie wenn ich jemanden erschieße und dann in die Politik gehe. Ist doch krass. Derjenige, der unser soziales Entlohnungssystem entworfen hat, hat wegen dunkler finanzieller Machenschaften eine Klage am Hals. Zu krass.

Alles was Du willst. Fast.

Jaja, die Welt ist ungerecht ... da fällt mir prompt noch eine letzte Frage ein: Was bedeutet Euer Bandname?

(Nico und Maxim schauen sich an)
Maxim: Eigentlich haben wir vereinbart, bei dieser Frage aufzustehen ...

... und ich wollte ehrlich gesagt auch nur eure Reaktion sehen. Aber die halbe Stunde ist außerdem eh um ...

Maxim: Ja und ich will noch ein bisschen Sport machen vor der Show.
Nico: Und ich muss noch ...

... dem weißen Porzellangott huldigen.

(In diesem Moment betritt DJ Craft den Raum, Maxim und Nico verabschieden sich.)

Hallo Herr Craft – kann ich Dir noch ein paar Fragen stellen?

Hallo! Klar.

Wo ist eigentlich Tarek?

Der schwirrt irgendwo draußen rum ... im Tourbus oder am Gang. Ich weiß es ehrlich gesagt gar nicht genau.

Außer Zigeunermusik und elektronischer Mucke - auf was stehst du noch?

Naja, ich bin recht vielfältig, ich leg so gut wie alles auf. Rock, Metal, Hip Hop, Clubsound ... Rage Against The Machine, AC/DC... was du willst. Fast.

Ein klassischer Party-DJ also?

Ja, genau. Stimmt! (lacht)

Du warst ja gerade noch mit Kollegah als dessen Tour-DJ unterwegs. Was sind die größten Unterschiede zu einer K.I.Z.-Tour?

Also in erster Linie ist natürlich das Publikum sehr viel Hip Hop-lastiger, als die K.I.Z.-Crowd. Kollegah wird live auch immer besser und besser und zieht außerdem immer mehr Leute. Das Publikum bei uns ist aber schon größer, gerade auch, weil bei uns eben alle möglichen Leute auftauchen ... Punks, Rocker, Hip Hopper. Aber das ist cool, da gibts eigentlich nie Stress ... vielleicht gerade deswegen.

Und wie gehts jetzt nach dem Ende von Royalbunker mit K.I.Z. weiter? Bleibt ihr bei Universal und ist Staiger noch euer Mentor?

Klar, der berät uns in so marketingtechnischen Sachen und so. Und er ist ja jetzt nach Royalbunker der Chefredakteur bei rap.de - das kommende K.I.Z.-Album ist das letzte, was noch in Zusammenarbeit mit Royalbunker erscheinen wird. Danach ist dann endgültig Schluss mit RB. Ich denke, wir werden dann in Kooperation mit Vertigo unser eigenes Label gründen, auf dem wir releasen. Aber das sind nur Pläne, davon ist noch nichts in trockenen Tüchern oder so. Jetzt machen wir erst mal das Album fertig!

Gutes Schlusswort – in diesem Sinne: Vielen Dank und eine gute Show heute!

Danke! Ich wünsche dir ebenfalls gute Unterhaltung!

Die Lebendigkeit der toten Crackhuren im Vorprogramm habe ich dann leider verpasst, weil ich noch an der Garderobe mit Rucksack abgeben beschäftigt war. Kurz darauf stürmen Tarek, Nico, Maxim und DJ Craft die Bühne und performen "Geld Essen", während Tausende K.I.Z.-Geldscheine auf das Publikum herunterregnen.

Es folgt eine zweieinhalbstündige Party-Druckwelle: Die neuen Songs rocken, die alten werden fast ausnahmslos mitgegrölt. Und von der Live-Präsenz von K.I.Z. könnte sich die eine oder andere Metal-Band noch eine ganz dicke Scheibe abschneiden.

Ach ja. Hier noch eine ganz persönliche Notiz von mir an denjenigen, der mir das Zeug geklaut und unsere Leser damit fast um dieses Interview gebracht hätte. Ein Live-Mitschnitt von 2007 aus dem Huxley's in Berlin. Werter Garderobenräuber, der hier ist für dich:

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