laut.de-Biographie
Lisa Gerrard
Hand aufs Herz! Gibt es irgendjemanden, der beim Lauschen dieser Stimme an Australien denken muss? Sicher! An schottisch nebelverhangene Highlands, an irisch saftgrüne Wiesen oder ein regnerisches London. Geschenkt! Dennoch stammt die Königin aller genrefreien Chanteusen aus der sonnig-staubigen Känguruhheimat Melbourne.
Dort wächst die zierliche Tochter irischer Emigranten im multiethnischen Schmelztigel Prahran heran, umgeben von griechischer, arabischer, italienischer, keltischer und türkischer Subkultur. Diese vielfältigen frühen Einflüsse wird man später in Teilen ihrer Kompositionen hören.
Bereits im Alter von zwölf Jahren entwirft die stimmlich hochbegabte, mit überbordender Phantasie gesegnete Lisa eine komplett selbst erfundene Sprache. Viele der rätselhaften Verse und Lyrics ihrer Songs (gerade auch bei Dead Can Dance) speisen sich aus diesen privaten Gerrard-Begriffen.
Weltruhm erlangt Gerrard als weibliche Hälfte des 1981 gegründeten Duos Dead Can Dance. Ihre tiefe Altstimme und aristokratische, immer ein wenig geisterhafte Ausstrahlung bringt ihr weltweite, an Ehrerbietung grenzende Bewunderung ein. Zunehmend erscheint es ihr jedoch im Laufe der Jahre erstrebenswert, sich einen eigenen Ruf als Solokünstlerin zu erarbeiten.
Besonders attraktiv wirkt auf die Australierin dabei die Sparte der Filmmusik. Scheinbar mühelos gelingt ihr der Einstieg in die hart umkämpfte Branche Hollywoods. Sogar der Ocscarerfolg stellt sich mit dem Soundtrack zu "Gladiator" im Jahr 2000 recht schnell ein.
Ansonsten veröffentlicht die Grande Dame des stimmlichen "Space Weavings" in unregelmäßigen Abständen Soloalben, die keinerlei Trends folgen und stets von hoher kompositorischer und gesanglicher Qualität zeugen. Die Spannweite erstreckt sich dabei von Klassik über verschiedenartige Folk-Elemente bis hin zu leichten Worldmusic/New Age-Anleihen.
Eine Zäsur bedeutet für Lisa Gerrard ab November 2008 die Zusammenarbeit mit dem von ihr hoch verehrten Klassikelektro-Pionier Klaus Schulze. Gemeinsam erarbeiten sie das Album "Farscape". Die ebenso schroffen wie lieblichen Soundscapes des Berliners bedeuten ein vollkommen ungewohntes und gänzlich neues Fundament für den Vokaleinsatz Gerrards.
Aufgrund der starken gegenseitigen Sympathie und fruchtbaren Zusammenarbeit entschließt sich das ungleiche Paar zu einer kleinen Tournee, die die Veröffentlichung mehrerer hochwertiger Live-Mittschnitte nach sich zieht. Die ohnehin recht speziellen Performances des Deutschen geraten durch die Präsenz der Altistin von Down Under geradezu einzigartig.
Schließlich kooperiert Lisa Gerrard mit The Mystery Of The Bulgarian Voices (ehemals Le Mystère des Voix Bulgares) für das Album "BooCheeMish", das im Mai 2018 erscheint. Die folkloristische und mystische Musik dieses Chores entdeckt sie schon zu Beginn der 80er-Jahre. Seitdem übt er nachhaltigen künstlerischen Einfluss auf sie aus. Ihre Beiträge zu der Platte schreibt die Australierin gemeinsam mit Co-Autor Jules Maxwell. Darüber hinaus braucht sie sich auf diesem Werk mit ihrer unvergleichlichen Stimme hinter den beeindruckenden hellen Kehlkopfgesängen des Chores keinesfalls zu verstecken.
Sie selbst empfindet das jedoch vollkommen anders. "Ich bin nicht einzigartig. Aber ich bin extrem fokussiert. Ich wähle beim Singen immer den Pfad des Herzens anstelle des rational technischen Intellekts."
Von Maxwell wechselt sie zum Drummer von Dead Can Dance, David Kuckhermann, mit dem sie 2018 mit einigem Erfolg "Hiraeth" veröffentlicht. Zwar erscheint zeitgleich "Dionysus" von ihrer Hauptband, Jahre später gibt Gerrard aber zu Protokoll, dass sie am Entstehungsprozess des Albums kaum beteiligt gewesen sei. Folgerichtig bleibt sie auch solo aktiv und wendet sich wieder Bulgarien zu; mit dem Dirigenten Yordan Kamdzhalov und dessen Genesis Orchestra kooperiert sie auf "Górecki Symphony No. 3: Symphony of Sorrowful Songs", bevor im 2021 mit "Burn" erneut eine Kollaboration mit Maxwell erscheint.
Dieses Album setzt sie im Mai 2023 mit "One Night in Porto" live um, gleichzeitig wird bekannt, dass Dead Can Dance sich zum nunmehr dritten Mal aufgelöst haben.
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