laut.de-Kritik

So, meine Damen und Herren, klingt Volksmusik.

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Volksmusik kämpft mit einem ähnlichen Imageproblem wie der deutsche Schlager: Weil skrupellose Geschäftemacher der Masse unentwegt saft- und kraftlose, geschmacksbefreite Grütze im Dutzend billiger unterjubeln, glauben die Menschen irgendwann, Volksmusik (oder Schlager) sei eben so.

Um diesem "Musikantenstadl"-Unwesen etwas entgegen zu stellen, rief ein Bamberger Musikwissenschaftler einst eine segensreiche Veranstaltungsreihe ins Leben: Auf dem fruchtbaren Boden seines "Anti-Stadls" keimte die Idee zum Kellerkommando, das längst zu einem ausgewachsenen Feierbiest mutierte.

"Volksmusik als Kernkompetenz" haben sich die Franken auf die Fahnen geschrieben. Wem dabei die brave, biedere, zopfige Hausmusik von Hütten-, Heimat- und Trachtenabenden in den Sinn kommt, der sitzt schon wieder dem kolossalen Irrglauben auf, solches sei Volksmusik. Wer sich mit dem Kellerkommando einlässt, der bekommt diesen Hirnfurz allerdings ruckzuck ausgetrieben - mit der echten, derben, ungebärdigen, rotzigen, unflätigen Volksmusik der Tanzböden und exzessiven Dorffeste.

Die geht wahrlich rabiat nach vorn. Nichts könnte folglich besser zu den "Hits von vor hundert Jahren" passen, als Rap. Ehrlich! Heraus kommt, wie Ali A$ (der vor einiger Zeit schon seinen russischen Kollegen Schokk am Mic abgelöst hat), treffend zusammenfasst: "Schunkelmusik mit pumpenden Beats für betrunkene Freaks im Bundesgebiet und im Rest der Welt".

Um sich von der Energie, der Begeisterung und den Strömen von Schweiß, Herzblut und Lachtränen mitreißen zu lassen, muss man keineswegs zwingend aus der Region stammen, in der die Hasen Hosn haaßn und die Hosen Huasn haaßn. Bei der fränkischen Mundart mächtigen Menschen dürften Dada Windschi und Konsorten allerdings ungebremst durch offene Scheunentore mittig ins Humorzentrum rennen.

"Ich hab 'n paar Franken dabei wie 'n Schweizer Banker", erklärt Ali A$ sicherheitshalber noch einmal explizit. Besagte Franken wiederum führen, bewaffnet mit Akkordeon, Blasinstrumenten, Drums, Bass und Synthesizer, eine wüste Mischung aus Volksweisen, Kneipengesängen, Kerwa-Liedern, Polka, Hip Hop, und Haudrauf-Sound im Gepäck, zu der sich Tradition und Moderne einträchtig miteinander vollaufen und es dann gemeinsam krachen lassen. Allmächd!

Die Kellerkommandanten krallen sich rücksichtslos traditionsreiche Melodien, Kinderlieder und Poesiealben-Sprüche. Sie besingen finanzielle Engpässe ("Ich Und Du", "Frost"), die Vorliebe für dralle Mädels ("Schö Rund"), den sexuellen Notstand des bedauernswerten Sohns des Schneiders ("Schneiderla") und den unangenehmen Nachbarn ("Mein Nachbar", "die alt' Nazisau"). Alles taugt, richtig angepackt, zum Tanzbodenfeger.

Das Spiel mit Tempo und Dynamik beherrschen die Herren virtuos: Ein gesungener Schunkelchorus nimmt kurzzeitig Fahrt aus einer Nummer, mit "Blümlein" schieben sie eine Engtanzrunde ein, nur, um im nächsten Moment wieder voll auf- und gediegen am Rad zu drehen. "Ich sags euch ja: Hier werden Grenzen gesprengt." Wenn die "Mondscheinbrüder" in der Früh' endlich erschöpft nach Hause wanken, liegt der Schuppen in Schutt und Asche.

Die Welt mag schon elaboriertere Sänger gehört haben. Zweifellos funktioniert das Material live auch noch drei bis fünf Klassen besser als aus der Konserve. Wurscht. Bratwurscht! Um einen Eindruck vom Totalabriss zu bekommen, den die Franken zelebrieren, taugt "Dunnerkeil" allemal. Darauf ein Schlenkerla. Und ... "wenn ich vom Bambercher Bier ned spei, werch ich no a Pizza nei." So, meine Damen und Herren, klingt Volksmusik.

Trackliste

  1. 1. Kellerkommando
  2. 2. Vorm Nachbarn
  3. 3. Mein Nachbar
  4. 4. Ich Und Du
  5. 5. Maus
  6. 6. Frost
  7. 7. Blümlein
  8. 8. Mondscheinbrüder
  9. 9. Kolumbus
  10. 10. Und Wenn Du Meinst
  11. 11. Schneiderla
  12. 12. Lump
  13. 13. Schö Rund
  14. 14. Dunnerkeil!

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