laut.de-Kritik

Lallende Nichtsnutze stören einen denkwürdigen Auftritt.

Review von

Ein Satiremagazin hat sich 2005 einmal die Mühe gemacht und den schlechtesten Zwischenrufer des Deutschen Bundestages ermittelt. Wenn sich jemand ungefragt mit einem Beitrag in Debatten einschaltet, dessen Inhalt so langweilig ist wie die Argumentationen vorhersehbar, dann wohnen der unautorisierten Wortmeldung eventuell erheiternde, auflockernde oder unterhaltsame Elemente inne.

Wenn jedoch eine Göttin am Mikro Musik zelebriert, der etwas Transzendentes innewohnt, dann soll dem Zwischenrufer auf der Stelle der Blitz mitten ins Hirn fahren.

Es gibt sie aber immer wieder, die Wichte, die Nichtsnutze, die emotionalen Geisterfahrer, die Nixblicker, die mit inzestuösem Gelalle ein pestartiges, akustisches Gekotze verbreiten, das jedwedes atmosphärische Klang-Gemälde beschmutzen. Der denkwürdige Auftritt von Klaus Schulze und Lisa Gerrard auf der Loreley macht in dieser Hinsicht leider keine Ausnahme.

Eventuell hat es sich der Elektro-Pionier ja auch selbst versaut. Er latscht als obersympathischer Synthie-Onkel auf die Bühne und verkündet der wartenden Menge erst einmal den (vorläufigen) Ablaufplan des Konzerts und erzählt dabei äußerst wohlgemut, dass er sich wie Bolle freut, für das anwesende Publikum spielen zu dürfen.

Alles schön und gut, aber um der Kunst den nötigen Respekt zu zollen, wäre es vielleicht förderlicher gewesen, die Pestilenz verbreitenden Rufer hätten den Eindruck bekommen, Schulze würde sie beim kleinsten Mucks vierteilen. Eine Prise Arroganz wäre von Nöten gewesen. Dass dies nicht die Sache Schulzens ist, erfährt der Betrachter spätestens auf der zweiten DVD.

Auf dem ersten Silberling findet die erneute Schaumgeburt der vokalen Aphrodite Gerrard statt, der Klaus Schulze instrumentale Geburtshilfe leistet. Die stimmliche Urgewalt dieser Frau ist einfach unfassbar. Obwohl sie erst nach 36 Minuten des Konzerts die Bühne betritt, dominiert sie mit ihrer akustischen Präsenz sofort die komplette Bühne.

Entrückt und scheinbar nicht von dieser Welt intoniert die Australierin sakrale Töne, die direktament aus dem Kosmos zu kommen scheinen - jedenfalls klingt das, was sie von sich gibt, nicht wie das Singen einer x-beliebigen Chanteuse. Schulze webt um sie herum einen elektronischen, transzendenten Teppich, in den Gerrard ihren Gesang symbiotisch einbettet. So weit, so meditativ.

Nicht ganz so weit vorne wie die Musik ist leider das Bild. Zwar haben die Verantwortlichen das Konzert mit behutsamen Kamerafahrten und sanften Übergängen statt hektischer Schnitte recht gut in Szene gesetzt. Im Vergleich zur instrumentalen Seite hinkt die Optik aber doch um einige Meter hinterher, zumal die Qualität des Bildes mit dem glasklaren 5.1-Mix nicht mithalten kann. Aber wer weiß, vielleicht ist das eher verwaschene Bild der Traumwelt geschuldet, aus der die Töne stammen?

Bei all diesen - überaus positiven Aspekten - gehen einem die debilen Zwischenkeifer nicht aus dem Sinn, die jedwedes Gefühl für Atmosphäre und Stimmung vermissen lassen und Letztere mit ihrem gnadenlos penetranten Gerülpse fast zunichte machen.

Die zweite DVD spinnt die Geschichte um den Auftritt. Schulze kommt selbst ausführlich in einer Dokumentation zu Wort. Ein weiteres interessantes Feature ist das Zwiegespräch mit Porcupine Tree-Mastermind Steven Wilson. Die beiden lassen auf Englisch die Vergangenheit Revue passieren. Allerdings werden die Zeitgenossen, die sich an einem allzu starken deutschen Akzent stören, auf eine harte Probe gestellt.

Keine Frage, die beiden lassen Musikgeschichte plastisch wieder auferstehen. Schulze stolpert jedoch mit steter Präzision in die "th"-Falle. Aber vielleicht ist derlei Gemäkel auch nur eine andere Art eines störenden Zwischenrufs? No one knows zis!

Trackliste

Rheingold

The Concert - Live At Loreley 18th July 2008

  1. 1. Alberich
  2. 2. Loreley
  3. 3. Wellgunde
  4. 4. Nothung

The Documentary

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